Ex-Bundespräsident will wieder als Jurist arbeiten und eine Kanzlei an den Hohen Bleichen beziehen

Hamburg . Kaum freigesprochen blickt der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff nach vorn. Von Mitte März an wird der studierte Jurist in bester Hamburger Lage arbeiten. Als Rechtsanwalt wird er in der Hansestadt seine eigene Kanzlei eröffnen. Nicht nur beruflich kehrt Christian Wulff nach seinem Korruptionsprozess wieder zu seinen Wurzeln zurück: Nachdem seine Parteizugehörigkeit seit seiner Wahl zum Bundestagspräsidenten geruht hatte, wird er wieder ein aktives Mitglied der CDU in seiner Heimatstadt Osnabrück.

Von 1980 bis 1986 studierte der 54- Jährige Rechtswissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt an der Universität Osnabrück. Nach dem erfolgreichen Studium tritt er 1990 einer Rechtsanwaltskanzlei bei. Bereits zu Schulzeiten politisch engagiert, wird er 1986 für die CDU Mitglied im Rat der Stadt Osnabrück. 2003 wurde er zum Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt, bis er im Jahr 2010 Bundespräsident wurde.

Niederlassen wird sich Wulff in einem Bürogebäude mitten in der City, Hohe Bleichen 17. In diesem befindet sich auch das bekannte Restaurant „Die Bank“. Dort wird er sich die Etage mit der Beratungsgesellschaft Sollors&Co teilen, dessen Geschäftsführer ein guter Freund von Wulff ist. „Herr Wulff lässt sich hier bei uns im Gebäude nieder. Er wird hier als eigenständiger Rechtsanwalt tätig sein und wird eigene Mandanten betreuen, doch in einzelnen Fällen werden wir sicherlich auch mit ihm zusammenarbeiten“, sagt Guido M. Sollors, Geschäftsführer von Sollors&Co.

Sein Berliner Büro, über das jeder ehemalige Bundespräsident verfügt, wird Wulff für einen Tag in der Woche besuchen. Sein beruflicher Schwerpunkt wird allerdings in Hamburg liegen. Auch seine ehrenamtlichen Tätigkeiten wird Wulff laut Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ weiter ausweiten. Nach wie vor bleibt er Schirmherr der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft.

Auch Auslandsaufenthalte seien in der Planung. „Er wird noch eine kurze Auszeit nehmen, bevor er Mitte März seine Arbeit in Hamburg aufnimmt“, sagt Guido M. Sollors. So ist zuvor noch eine einwöchige Reise in die Türkei geplant, wo auch ein Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül auf dem Programm stehen soll.

Bereits während seiner Amtszeit als Bundespräsident hatte er sich besonders für die Integration in Deutschland lebender Türken und für Muslime eingesetzt. Neben weiteren Auslandsaufenthalten und ehrenamtlichen Tätigkeiten will Wulff auch an Universitäten auftreten.

Am Donnerstag wurde der ehemalige Bundespräsident in seinem Korruptionsprozess freigesprochen. Ihm wurde zur Last gelegt, während seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident Vorteile im Amt genommen zu haben. Wulff soll sich von seinem befreundeten Filmfinancier David Groenewold, der ebenfalls angeklagt war, zu einem Oktoberfest-Besuch im Jahr 2008 eingeladen haben.

Im Gegenzug soll Wulff dafür für ein Filmprojekt Groenewolds bei der Spitze des Siemens-Konzerns geworben haben. Konkret ging es dabei um rund 720 Euro. Dem Gericht lagen für diese Anschuldigungen jedoch nicht genügend Beweise vor – es sprach Christian Wulff, der die Vorwürfe von Anfang an bestritt, von allen Anklagepunkten frei.

Offen ist weiterhin, ob Wulff Entschädigung geltend macht. „Damit haben wir uns bisher nicht weiter beschäftigt“, sagte Wulffs Verteidiger Michael Nagel. Entschädigung kann er nur für materielle Schäden geltend machen. Wenn etwa Ermittler bei der Durchsuchung seines Hauses Gegenstände beschädigt haben, wie ein Sprecher des Landgerichts Hannover erläuterte.

Trotz Freispruchs kostete Wulff sein Verhalten das Amt des Bundespräsidenten und seinen Ruf. Angefangen hatte die Affäre mit einem Privatkredit und drohenden Anrufen Wulffs in der Redaktion der Zeitung „Bild“. Als Folge kam es zum frühzeitigen Rücktritt als Bundespräsident. In Hamburg versucht Christian Wulff einen Neustart als Rechtsanwalt in seiner eigener Kanzlei. Politisch engagiert bleibt er weiterhin.