Der oberste Kölner Geistliche hatte gesagt, eine Familie des katholischen „Neokatechumenalen Weges“ ersetze ihm drei muslimische Familien. Zentralrat vergleicht Meisner mit Sarrazin. Ministerin Özoguz schweigt.

Köln. Eine Äußerung des scheidenden Kölner Kardinals Joachim Meisners über christliche und muslimische Familien ist auf scharfe Kritik von Islamverbänden gestoßen.

Meisner hatte vergangenen Freitag vor Angehörigen des katholischen „Neokatechumenalen Weges“ gesagt, „eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien“.

Der Kölner Erzbischof habe sich dabei auf den Kinderreichtum der Muslime bezogen. Einen Videomitschnitt der Veranstaltung habe das Erzbistum zwischenzeitlich ins Internet gestellt.

Der Sprecher der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Bekir Alboga, sagte dazu dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch), er sei sprachlos. „Man stelle sich vor, ein muslimischer Würdenträger in vergleichbarer Position würde diesen Satz formulieren – ein Empörungsschrei ginge durch die Gesellschaft.“

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, vermutete, der Kölner Kardinal versuche „sich mit Sarrazin-ähnlichen Äußerungen über Muslime einen rustikalen Abgang zu sichern“.

Meisner bediene Ressentiments und islamfeindliche Stimmungen, „die wir so von der katholischen Kirche und besonders vom neuen Papst nicht kennen“, sagte Mazyek dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Statt einander abzuwerten, sollten die Religionen einander stützen und schätzen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), sprach laut der Zeitung von der „persönlichen Meinung eines katholischen Würdenträgers“, die sie nicht kommentiere, „auch wenn ich sie nicht verstehe“.

Meisner rudert zurück

Am Mittwoch sprach Meisner Worte des Bedauerns aus. „Es war keineswegs meine Absicht, Menschen anderen Glaubens damit zu nahe zu treten“, erklärte Meisner am Mittwoch in Köln: „Meine Wortwahl war in diesem Fall vielleicht unglücklich.“

Die Äußerung habe er als Wertschätzung für Familien des „Neokatechumenalen Wegs“ gemeint, bei denen der christliche Glaube lebe und fruchtbar werde, erklärte Meisner: „Dort erlebe ich eine außergewöhnliche Glaubenskraft, die für die Weitergabe des Glaubens vorbildlich ist.“

Die Familie sei „als Kirche im Kleinen“ für die Weitergabe des christlichen Glaubens unersetzlich. Im Blick auf muslimische Familien habe er bereits verschiedentlich gesagt, dass sie „unserer überalternden Gesellschaft in manchem ein Beispiel geben“, erklärte der Kardinal.

Gemeinschaft vertritt klassisches Familienbild

Meisner hatte vor Angehörigen des „Neokatechumenalen Weges“ gesprochen, der das klassische katholische Familienbild vertritt und dem Kritiker autoritäre Strukturen vorwerfen.

Dem Blatt zufolge hatte Meisner gesagt, er habe Bedenken gegen ihre Gemeinschaft im Vatikan stets mit dem Argument ausgeräumt, „Leute, dahinter steht die Glaubenskraft von Eheleuten, die zehn Kinder in die Welt setzen“.

Am 25. Dezember war Meisner 80 Jahre alt geworden. In den kommenden Wochen wird mit der offiziellen Annahme seines Rücktrittsgesuchs durch Papst Franziskus gerechnet.