Patrick Moore hat 1986 die Seiten gewechselt und wurde zum Befürworter von veränderten Lebensmitteln und Kernkraft. Jetzt hält er eine Mahnwache in Hamburg

Hamburg. Als einer der Gründungsväter von Greenpeace hat der Kanadier Patrick Moore gegen Wasserstoffbomben-Tests, Walfänger und Robbenjäger protestiert. 1986 wechselte er die Fronten, gründete zunächst eine Aquakultur-Farm, wurde zum Berater von Wirtschaftsunternehmen und zum Befürworter von Kernenergie und Gentechnik. Am Freitagvormittag demonstrierte der 67-Jährige vor der Greenpeace-Zentrale in der HafenCity gegen seine einstigen Mitstreiter – und gegen deren Kampf gegen den gentechnisch veränderten Golden Rice.

An Moores Seite waren etliche pro Gentechnik eingestellte europäische Wissenschaftler, darunter der deutsche Biologie-Professor Ingo Potrykus, der den Golden Rice zwischen 1991 und 1999 mit einem Kollegen entwickelt hat, und der emeritierte Schweizer Botanik-Professor Klaus Ammann. Auch Horst Rehberger (FDP), ehemaliger Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, war mit von der Partie. Mit seinem Verein „Forum Grüne Vernunft“ will er Menschen über die Vorteile von Gen-Technologie aufklären.

„Greenpeace sitzt hier, in einem modernen Hightech-Gebäude in einem der reichsten Länder der Welt, und initiiert Kampagnen gegen ein Mittel zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels, an dem in Afrika und Asien täglich Tausende Kinder erblinden und sterben“, so Moore vor Kamerateams und Reportern. Hinter ihm hatten sich rund ein Dutzend Mitstreiter mit Protestplakaten aufgestellt. „Golden(Gen)Reis rettet Menschenleben“ oder „Greenpeace rettet lieber Wale als Kinder“ war darauf zu lesen.

Laut Weltgesundheitsorganisation leiden weltweit 250 Millionen Kinder an einer Unterversorgung mit Vitamin A, die zu Augen- und Hauterkrankungen, Störungen des Immunsystems und der Fortpflanzung, zu Wachstumsstörungen und zum Tode führen kann. Moore, der Biologie, Forstwirtschaft und Genetik studiert hat, ist überzeugt, dass der Gen-Reis absolut unschädlich ist. „Er enthält nur ein Mais-Gen“, sagt er. Durch die genetische Veränderung enthält Golden Rice Beta-Carotin, das ihm seine goldene Farbe verleiht. Der natürliche Farbstoff wird vom Körper bei Bedarf in Vitamin A umgewandelt.

Würde Greenpeace seinen Widerstand gegen das Nahrungsmittel aufgeben, zögen auch die restlichen gegen Gentechnik eingestellten Organisationen nach, glaubt Moore. „Dann könnten die Regierungen endlich das Saatgut an ihre Farmer austeilen.“ Greenpeace würde stets behaupten, Golden Rice sei schädlich, liefere aber keine wissenschaftliche Beweise dafür, beklagt er. Umgekehrt werfen ihm seine Gegner mangelnde wissenschaftliche Sorgfalt vor. Die Organisation Foodwatch etwa vermisst Fütterungsstudien an Tieren, die die gesundheitliche Risiken des Nahrungsmittels untersuchen. Greenpeace wirft Moore Lobbyismus vor und kritisiert, dass in den letzten 20 Jahren Millionen von Dollar in das Golden- Rice-Projekt geflossen seien, mit denen man bewährte Maßnahmen zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels hätte unterstützen können.

„Greenpeace ist eine 300-Millionen-Dollar-Fundraising-Organisation“, hält Moore dagegen. „Wenn sie nur zehn Millionen Euro gäben, um Vitamin-A-Pillen für Bedürftige zu beschaffen, hätten sie meinen Respekt.“ Moore kehrte der Umweltorganisation Mitte der 80er-Jahre den Rücken. Auslöser war das von Greenpeace geforderte Chlor-Verbot. „Das ist ein natürliches Element, das in Schwimmbadwasser und Zahnpasta viel Gutes bewirken kann“, so Moore. „Die Kompromisslosigkeit, es generell zu verdammen, ging gegen meine Überzeugung.“ Er kündigte weitere Mahnwachen an.