Berlin. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will die umstrittene Vorratsdatenspeicherung vorerst nicht einführen. Trotz der anderslautenden Koalitionsvereinbarung von Union und SPD kündigte Maas im Magazin „Der Spiegel“ an: „Ich lege keinen Gesetzesentwurf vor, bevor der Europäische Gerichtshof endgültig geurteilt hat, ob die Richtlinie die Rechte der EU-Bürger verletzt oder nicht.“ Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Richter die Richtlinie vollständig kassierten. „Dann müssten wir über die Vorratsdatenspeicherung ganz neu reden. Bis dahin liegt das Instrument für mich auf Eis.“

Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD festgehalten: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen. Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH.“

Die Vorratsdatenspeicherung sorgt seit Jahren für erbitterten Streit in Deutschland und der EU. Seit 2006 müssen die EU-Staaten dafür sorgen, dass Telekommunikationsfirmen ohne Anfangsverdacht oder konkrete Gefahr Verbindungsdaten von Privatleuten bei Telefonaten und E-Mails sammeln. In Deutschland wurde ein entsprechendes Gesetz von 2008 für verfassungswidrig erklärt, eine Neufassung wurde von der schwarz-gelben Bundesregierung nicht verabschiedet.

In den kommenden Monaten wird ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg dazu erwartet. Ein Gutachten hatte im Dezember ergeben, dass die bisherige Regelung gegen europäisches Recht verstößt. Eine Änderung ist wahrscheinlich.

Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, unterstützt Maas. „Dieses Instrument anlassloser Massenspeicherung der Kommunikationsdaten aller Bürger ist gerade vor dem Hintergrund der NSA-Affäre Gift für unseren freiheitlichen Rechtsstaat“, sagte von Notz dem „Tagesspiegel“. Linken-Fraktionsvize Jan Korte sprach von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Er forderte die Bundesregierung auf, nicht abzuwarten, wie die Gerichte entschieden.