Der Hamburger Weihbischof Jaschke über seinen Limburger Amtsbruder Tebartz-van Elst, der in der Affäre um seinen Bischofssitz immer weiter unter Druck gerät.

Berlin. Um den Limburger Bischof wird es einsam. Franz-Peter Tebartz-van Elst gerät wegen falscher eidesstattlicher Erklärungen und dem Vorwurf der Verschwendung auch innerhalb der katholischen Kirche weiter unter Druck. Warum sein neues Bischofshaus 31 Millionen Euro koste, wurde er vor wenigen Tagen gefragt. „Man muss viele Details kennen, etwa die Auflagen des Denkmalschutzes“, antwortete der Bischof. Kurz darauf behauptete der hessische Denkmalschutz, man habe sich in Limburg gar nicht eingemischt. Ob er ein Luxusbischof sei, wurde Franz-Peter Tebartz-van Elst gefragt. „Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche“, sagte er. Allein sein Badezimmer soll 15.000 Euro gekostet haben. Auf seinen Hamburger Amtsbruder Hans-Jochen Jaschke wirken die Limburger Zustände wie aus einer anderen Welt. Die Lust am Luxus ist dem Geistlichen im nördlichen Erzbistum fremd.

Hamburger Abendblatt: Herr Bischof, Sie kennen Ihren Amtsbruder Tebartz-van Elst, der massiv unter Druck steht. Wie konnte es so weit kommen?

Hans-Jochen Jaschke: Man kennt sich so unter den Bischöfen. Ich war mal eine Woche lang mit ihm auf einer ökumenischen Reise im Mittleren Osten. Ein Grundvertrauen ihm gegenüber ist natürlich da. Er tut mir leid, weil er nun in diesen Scheuersack hineingeraten ist. Es ist für ihn sicher eine schreckliche Erfahrung, jeden Tag ein Objekt der Schlagzeilen und Karikaturen und jetzt der Staatsanwaltschaft zu sein.

Hat er das nicht selbst verschuldet?

Jaschke: Ich sage deutlich: Man darf keinen Menschen vorverurteilen. Alles, was gesagt und geschrieben wurde, das sind zunächst Anschuldigungen. Diese müssen erhärtet werden. In Hamburg muss das Amtsgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Strafbefehl folgen. Wir müssen auch noch das Gutachten der Deutschen Bischofskonferenz zu den Finanzierungen in Limburg abwarten. Erst dann kann man klar sagen, ob Dinge verheimlicht worden sind. Auch die Gremien in Limburg haben sich noch kein abschließendes Urteil gebildet. Jetzt müssen wir den Bischof auch schützen und ihn gleichzeitig sehr deutlich fragen: Wo hast du Fehler gemacht, wie soll es weitergehen?

Sie sprechen von Indizien. Bekannt ist, dass allein die Kosten für den Limburger Bischofssitz 31 Millionen Euro betragen. Es sollten mal 5,5 Millionen Euro sein.

Jaschke: Da möchte ich wissen: Wie sind diese Kosten zu erklären? Wer ist wirklich verantwortlich für die Planungen? Es gab schon lange die Pläne, dass am Dom ein bischöfliches Zentrum mit Wohnsitz errichtet wird. Der Bischof hat es ganz zu seiner Sache gemacht. Nun muss geklärt werden, in welchem Maße gemauschelt, mit falschen Zahlen gearbeitet und unverantwortlich vorgegangen wurde. Ich möchte auch wissen, aus welchen Töpfen der Bau finanziert werden soll.

Wie wirken die Zustände in Limburg auf Sie?

Jaschke: Mir tut es weh für unsere Kirche. So darf Kirche nicht sein. Wir dürfen die Gläubigen nicht verunsichern. Sie sollen nicht denken, dass es immer und überall so bei uns läuft. Das wäre schrecklich. Wir haben einen Papst, der Armut predigt und auf seine Weise sympathisch vorlebt. Geschichten wie in Limburg dürfen bei uns nicht passieren.

Darf es in der Kirche auch Pomp geben?

Jaschke: Pomp ist natürlich nicht angebracht, wenn es um Personen in der Kirche geht. Wir sind stolz auf die Pracht des Kölner Doms, des Ulmer Münsters, des Michel in Hamburg. Und wir pflegen die Bauwerke. Aber bei allem Prunk zur Ehre Gottes muss klar sein, wem wir dienen: nicht der eigenen Ehre, sondern Gott, der uns in den Menschen, besonders den armen, begegnet.

Wäre in einem Bistum Hamburg eine Entwicklung wie in Limburg vorstellbar?

Jaschke: Wir sind zu klein. Das ist unser Glück. Das schützt uns automatisch vor Torheiten. (lacht) Klar ist: Die Vorgänge in Limburg erinnern uns daran, dass wir sehr sorgfältig mit dem uns anvertrauten Geld umgehen müssen und Kontrollinstanzen brauchen.

Sie sind also zwangsweise bescheiden.

Jaschke: Nein, auch aus Überzeugung. Ein Bischof verpflichtet sich zur Armut, so wie er sich zum Gehorsam und zur Ehelosigkeit verpflichtet. Gut, Armut ist relativ. Ich kann schwer auf meinen Dienstwagen und meinen Fahrer verzichten, weil ich 50.000 bis 60.000 Kilometer im Jahr mit dem Auto unterwegs bin. Sie können natürlich sagen: Braucht der Bischof einen 5er-BMW? Da sage ich: Das ist wohl eher ein Auto der Mittelklasse. Und fast alle Bischöfe, auch die evangelischen Kolleginnen und Kollegen, fahren das Modell. Ich persönlich bin ein Mann, der recht bescheiden ist.

Wie zeigt sich das?

Jaschke: Ich habe erst gestern Pilze gesucht und sie mir selbst zubereitet. Ich bekoche meine Gäste oder koche mit ihnen zusammen. Mein Lebensstil hier in Hamburg ist ziemlich normal. Aber wir leben in der Diaspora. Bei uns gibt es keine Residenzen oder bischöfliche Palais. Aber der neue Papst mit seinem bescheidenen Lebensstil, der Fall Limburg und andere deutsche Übertreibungen sind Stachel in unserem bequemen Fleisch. Es ist nicht alles richtig, was wir machen.

Tebartz-van Elst ist in seinem Bistum derart in der Defensive, dass man kaum noch an eine Beruhigung glauben mag. Wie könnte Frieden gestiftet werden?

Jaschke: Wenn so ein Punkt erreicht ist, wird es ganz, ganz schwer. Man hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen. Gerade in der Kirche sollen wir uns nicht immer nur verteidigen, sondern Fehler eingestehen. Der Bischof von Limburg verdient Fairness. Wir sollen nicht auf ihn eintreten, wo er doch schon am Boden liegt. Aber er sollte sich auch nicht selbstgerecht verteidigen. Wir müssen sauber klären, was Sache ist. Rom hat ein waches Auge auf alle Entwicklungen. Als der päpstliche Gesandte Kardinal Giovanni Lajolo in Limburg war, dachte man, es könnte sich noch zum Guten wenden. Aber nun laufen die Dinge ganz anders.

Wie kann es jetzt weitergehen?

Jaschke: Das ist nicht so leicht abzusehen. Franz-Peter Tebartz-van Elst ist mit Zustimmung des Papstes Bischof geworden. Der Papst wird ihn nicht so schnell absetzen, muss aber doch handeln. Mir tut der Mitbruder in Limburg leid. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Wie kann der Mann noch schlafen? Aber es geht am Ende nicht um das bischöfliche Seelenheil, sondern das der Menschen.

Ist ein Amtsverzicht denkbar?

Jaschke: Das muss der Bischof für sich entscheiden. Der Amtsentzug kann in besonderen Fällen vom Papst ausgesprochen werden. Beim früheren Kardinal von Wien hatten wir solch einen Fall. Bischof Tebartz-van Elst muss selber erkennen, was richtig ist, und glaubwürdig und demütig dazu stehen.