Der Spitzenkandidat und Renate Künast wollen nicht wieder kandidieren. Katrin Göring-Eckardt will neue Fraktionschefin werden. Bewegung auch bei den Piraten.

Berlin. Nach der Niederlage der Grünen bei der Bundestagswahl bahnt sich in Partei und Fraktion ein größerer Führungswechsel an. Nach Claudia Roths angekündigtem Rückzug vom Parteivorsitz ziehen sich auch die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin von ihren Posten zurück.

Trittin erklärte seinen Entschluss laut Teilnehmern am Dienstag in einer Fraktionssitzung der Grünen in Berlin. Damit zieht der Spitzenkandidat aus dem schwachen Ergebnis der Grünen bei der Bundestagswahl.

Trittin war neben Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, steht aber nach der Wahlniederlage in den eigenen Reihen unter Kritik.

Mögliche Nachfolger sind aber schon in Sicht: Katrin Göring-Eckardt und der Verkehrspolitiker Anton Hofreiter wollen an die Fraktionsspitze der Grünen im Bundestag. Das teilten beide nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag auf einer Zusammenkunft der bisherigen und neuen Bundestagsabgeordneten der Partei in Berlin mit. Die Grünen-Spitzenkandidatin der vergangenen Bundestagswahl wolle nach ihrer Kandidatur nun Verantwortung im Fraktionsvorstand übernehmen, so die Begründung Göring-Eckardts.

Trittin war einer der Hauptverantwortlichen für das Steuerkonzept, in dem Wahlforscher die wesentlichere Ursache für die Wahlniederlage sehen. Am Montag hatten bereits der Bundesvorstand mit den beiden Parteivorsitzenden und der einflussreiche Parteirat ihren Rücktritt angekündigt.

Bewegung auch bei den Piraten

Piraten-Chef Bernd Schlömer hat nach dem enttäuschenden Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl seinen Rückzug angekündigt. Über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete er am Dienstag die Botschaft: „Tschüß #Piraten! Das war es für mich. Ich ziehe mich zurück. Vielen Dank für 4 1/2 tolle Jahre im #BuVo.“ Schlömer war im April 2012 zum Parteichef der Piraten gewählt worden, zuvor gehörte er dem Bundesvorstand (BuVo) als Schatzmeister und stellvertretender Vorsitzender an.

Künast will Bundestagsvize werden

Auch Künast wird bei der bevorstehenden Neuwahl des Fraktionsvorstandes nicht noch einmal antreten. Sie habe die bereits vor Längerem getroffene Entscheidung bei einem Treffen der Abgeordneten ihres Realoflügels mitgeteilt, sagte die 57-Jährige am Dienstag in Berlin. Sie wolle stattdessen für das Amt der Bundestags-Vizepräsidentin antreten.

Dieses bisher von Katrin Göring-Eckardt ausgeübte Amt strebt allerdings auch Parteichefin Roth an. Diese kündigte an, beim Parteitag im Herbst nicht mehr als Grünen-Vorsitzende anzutreten.

Künast sagte, bereits nach der Urwahl der Grünen-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im vergangenen November habe sie der damals siegreichen Göring-Eckardt gesagt, dass diese aus ihrer Sicht den ersten Zugriff auf den Fraktionsvorsitz habe.

Seehofer nimmt Abstand von Schwarz-Grün

Derweil hat sich CSU-Chef Horst Seehofer von der Option einer Zusammenarbeit mit den Grünen distanziert. Er sehe keine Basis für Verhandlungen über eine Koalition, sagte Seehofer dem „Spiegel“ laut Vorab-Meldung vom Dienstag.

„Ich werde solche Gespräche jedenfalls nicht führen. Damit hat sich das.“ Dagegen sprach sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dafür aus, alle Optionen für eine Koalitionsbildung offenzuhalten. Ziel müsse eine stabile Regierung sein, sagte Hasselfeldt im Deutschlandfunk. „Und da haben alle demokratischen Parteien eine Verantwortung.“

Nach der Bundestagswahl, aus der die Union deutlich als stärkste Kraft hervorgegangen und die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist, gibt es letztlich nur zwei Optionen für eine neue Regierung: Eine große Koalition aus Union und SPD oder ein schwarz-grünes Bündnis.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dazu am Montag bereits einen ersten Kontakt mit SPD-Chef Sigmar Gabriel gehabt, schließt Gespräche mit anderen Parteien aber nicht aus. Die SPD will sich bei einem kleinen Parteitag am Freitag positionieren.

Ein „Geist der Bevormundung“

Bei den Grünen wehe ein „Geist der Bevormundung“, sagte Seehofer. „Dazu kommt die Vergangenheit von Jürgen Trittin und Volker Beck.“ Der bayerische Ministerpräsident spielte damit auf die Pädophilie-Affäre der Grünen an. „Das hat mich aufgeregt wie schon lange nicht mehr.“

Zudem warnte er davor, dass Parteien am rechten Rand bei einer Zusammenarbeit von Union und Grünen gestärkt werden könnten. „Wir sollten froh sein, dass die AfD nicht ins Parlament eingezogen ist.“ Die eurokritische Alternative für Deutschland hatte die Fünf-Prozent-Marke am Sonntag nur knapp verfehlt.

Im Streit mit der CDU über die Einführung einer Pkw-Maut betonte Seehofer, dass eine Einigung schon vor Koalitionsverhandlungen herbeigeführt werden müsse. „Der inhaltliche Korridor einer möglichen Entscheidung wird klar sein, bevor sich CDU und CSU mit der SPD treffen.“

Zudem deutete er an, dass der CSU auch bei einer großen Koalition drei Ministerien zuständen: „Darüber reden wir wenn es soweit ist“, sagte er. „Wahr ist aber auch, die CSU ist nicht schwächer geworden.“

Hasselfeldt: Neuaufstellung der Grünen abwarten

Hasselfeldt betonte, SPD und Grüne müssten sich zunächst neu sortieren. Bei den Sozialdemokraten stehe der Parteikonvent am Freitag an, bei den Grünen eine personelle Neuaufstellung und womöglich eine inhaltliche Neuausrichtung. Beides gelte es abzuwarten.

Die Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag verwies auf die Differenzen ihrer Partei mit den Grünen, die ihren Worten zufolge vor allem auf staatliche Bevormundung und Steuererhöhungen setzen. Große Unterschiede gebe es auch in der Energiepolitik.