Der Spitzenkandidat hatte beim Parteikonvent der Liberalen in Mainz eine Schrecksekunde zu überstehen. FDP schließt in Wahlaufruf Ampelkoalition mit SPD und Grünen offiziell aus.

Mainz. Für einige Sekunden hält das Publikum im Mainzer Schloss die Luft an. Auf der letzten Treppenstufe auf dem Weg zur Bühne gerät FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle am Donnerstagabend plötzlich ins Stolpern und fällt zu Boden. Parteichef Philipp Rösler und andere helfen dem 68-Jährigen, der sich nicht aus eigener Kraft erheben kann, auf die Beine. Brüderle humpelt zum Rednerpult, beschwichtigt: „Es war nur ein bisschen glatt.“

Der Pfälzer zieht seine Rede durch, die allerdings schwer in Gang kommt. Nur an einigen Stellen blitzt der alte kämpferische Brüderle auf. Der Fraktionschef absolviert in diesen Wochen ein hartes Programm mit 200 Terminen. Seinen Unfall vom Frühsommer mit schweren Brüchen an Oberschenkel und Arm hat er bislang noch nicht voll auskurieren können.

Am Schluss der Rede genießt er steif den Applaus der rund 400 Anhänger. Die Führungsspitze gesellt sich dazu – darunter der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher. Der Pop-Song „Fireworks“ verbreitet kurz ein wenig Partystimmung.

Es ist ein wichtiger Abend in der Wahlkampf-Dramaturgie der Freien Demokraten. Für den Wahlkonvent haben die Liberalen eigens das Kurfürstliche Schloss ausgewählt. Der große Saal mit seinen Kronleuchtern, roten Vorhängen und Emporen wirkt fast ein wenig festlich. Es geht um strategische Festlegungen, die von der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt in die Republik gesendet werden sollen.

In den Reden wie auch in einem von den Führungsgremien verabschiedeten Wahlkonvent schließt die Partei ein Ampel-Bündnis mit SPD und Grünen kategorisch aus. Und nebenher soll das Bild einer kämpferischen und hoffnungsvollen Partei gemalt werden. Ein Sturz ihres Zugpferds macht sich da nicht gut.

Alles auf die Karte Schwarz-Gelb

Im Wahlkampf setzt die FDP alles auf eine Karte: Schwarz-Gelb. Im Mainz billigte der Vorstand der Liberalen einstimmig einen Wahlaufruf, in dem sich die FDP klar zur Union bekennt. SPD, Grüne und Linke „wollen aus unserem Land eine Bevormundungs- und Verbotsrepublik machen“, heißt es darin.

Die FDP sei die einzige Partei, mit der es nicht zu steigenden Abgaben für die Bürger kommen werde: „Wir kämpfen für die Fortsetzung der erfolgreichen Koalition mit der Union.“ Diese Zusicherung soll Unionswähler motivieren, ihre Zweitstimme der FDP zu geben. In einigen Umfragen gibt es für Schwarz-Gelb derzeit nur eine hauchdünne Mehrheit, andere sehen ein Patt.

Parteichef Rösler kämpft auch gegen ein Bündnis von Union und SPD. „Ich kann die Bürger vor einer Großen Koalition nur warnen.“ Union und SPD hätten 2005 gleich die Mehrwertsteuer kräftig angehoben. „Diesmal würde es für die Steuerzahler sicher deutlich teurer“, sagte Rösler dem „Handelsblatt“.

CDU-Chefin Angela Merkel würde den Wünschen der SPD nach höheren Steuern und einem gesetzlichen Mindestlohn nachgeben. Sie werde dann, so Rösler, „sofort um die Gunst der SPD-Anhänger buhlen“.