Linken-Fraktionschef Gysi fordert Auflösung der Reserven Zyperns und beklagt verunsicherte Sparer

Hamburg. Man kann kaum glauben, dass Gregor Gysi viel mit Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer gemein hat. Doch in Krisensituationen ist der Fraktionschef der Linken im Bundestag in seinen Einschätzungen bisweilen exakt auf derselben Linie wie die beiden Konservativen. Bei einigen Aspekten der Zypern-Hilfe und der Energiewende will Gysi dasselbe wie der Bundesfinanzminister von der CDU und der bayerische Ministerpräsident. Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt kritisierte Gysi allerdings, dass die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zum ersten Rettungspaket für Zypern alle Sparer in Europa verunsichert habe. Er schlug außerdem vor, die Goldreserven Zyperns für die Bewältigung der Staatskrise heranzuziehen.

"Bei dem geplanten Fonds mache ich mir an einer Stelle dieselben Sorgen wie Wolfgang Schäuble: Man darf die Rentner nicht beteiligen. Die Kirche dagegen ist ziemlich reich. Und ich fände es vernünftig, wenn man auch auf den Goldschatz zurückgreift. Denn für solche Krisensituationen ist er da", sagte Gysi. Für die Sparer hat Gysi sogar einen großzügigeren Vorschlag als den, der zurzeit diskutiert wird. Erst ab einem Vermögen von einer halben Million Euro sollen die Zyprer mit einer Zwangsabgabe belegt werden. "Ich glaube, dass erst Guthaben ab 500.000 Euro dazu beitragen sollen. Man kann doch kein Rentnerehepaar an der Bankenrettung beteiligen, das ein Leben lang gespart hat, 100.000 Euro besitzt und das Geld für den Lebensabend und die Ausbildung der Enkel benötigt."

In Deutschland bestehe derzeit keine Gefahr, dass die Sparer an der Euro- oder Bankenrettung beteiligt würden. Doch alle seien verunsichert. Gysi warnte: "Wenn zur Lösung der Euro-Krise eine Zwangsabgabe von 6,75 Prozent auf jedes Konto denkbar ist, dann könnten es während einer noch größeren Krise ja auch zwölf Prozent oder mehr sein. Davor haben auch deutsche Sparer Angst. Und das im Jahr der Bundestagswahl!" Die Linken, sagte Gysi, würden die EU-Hilfen für Zypern im Bundestag ablehnen: "Wir werden dem Rettungspaket nicht zustimmen, denn wir hätten uns eine Teilinsolvenz der zyprischen Banken gewünscht."

Vorbild müsse dabei die Lösung der Finanzkrise in Island sein. "Außerdem sollen nun staatliche Unternehmen privatisiert werden, die Gewinne machen: die Häfen und die Telekommunikation. Das ist nicht der richtige Weg, denn Zypern braucht diese Gewinne."

Gysi kritisierte außerdem die hohen Gewinne der Stromkonzerne und die langsame Energiewende. "Ich bin dafür, eine Strompreisaufsicht einzurichten. Die Preissteigerungen sind für Leute mit geringem Einkommen unerträglich." Er sprach sich wie Bayerns Regierungschef Horst Seehofer im "Spiegel" im Abendblatt-Gespräch dafür aus, die Stromsteuer zu senken. Seehofer ging damit auf Distanz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gysi hält die auch von der SPD vorgebrachte Idee für vernünftig. "In der Höhe des Zuwachses der EEG-Umlage müssen wir die Stromsteuer senken. Denn sie hat nicht viel gebracht. Sie ist eine allgemeine Einnahme, davon werden Brücken oder Panzer bezahlt, aber nicht zielgerichtet die erneuerbaren Energien gefördert", sagte Gysi. "Man darf das Soziale beim ökologischen Umbau der Gesellschaft nicht vergessen. Das sage ich auch immer den Grünen: Ihr müsst die Ärmeren berücksichtigen."