Filzvorwürfe und SMS-Skandal: Union im Südwesten gefährdet Angela Merkels Wiederwahl

Stuttgart. Der baden-württembergische CDU-Vorsitzende Thomas Strobl will nichts beschönigen: "Das ist ein Fehler gewesen." Strobl spricht von einem Rückschlag bei seinen Bemühungen, die Partei nach der Ära von Stefan Mappus und der Wahlschlappe neu aufzustellen. Der Grund für den Ärger: Vor einigen Tagen räumte der Chef des EnBW-Untersuchungsausschusses im Landtag, Ulrich Müller (CDU), ein, Material aus dem Ausschuss an Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) weitergereicht zu haben. Müller erklärte seinen Rücktritt. Doch der politische Kollateralschaden ist groß: Nun sind sie wieder da, die Vorwürfe von Filz und Kumpanei in der Südwest-CDU.

Dabei wollte die Partei die unrühmliche Mappus-Zeit hinter sich lassen, die in den schmerzhaften Machtverlust von Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl im Frühjahr 2011 mündete. Der im Herbst 2010 eingetütete Rückkauf von Anteilen des Karlsruher Energieversorgers EnBW - am Landtag vorbei und mutmaßlich zu einem überhöhten Preis - sowie der autoritäre Politikstil von Mappus gelten als Ursachen dafür, dass im "Ländle" heute Grün-Rot regiert.

Strobl verfolgt einen Modernisierungskurs, mit dem die CDU grüner, offener und weiblicher werden soll. Und Mappus galt in der CDU nach seiner kurzen und unrühmlichen Regierungszeit eigentlich als isoliert. Doch kürzlich lieferte die Staatsanwaltschaft Stuttgart Akten an den EnBW-Untersuchungsausschuss, die sie im Juli 2012 bei einer Razzia bei Mappus sichergestellt hatte. Wenig später räumte Müller ein, was ohnehin bald aufgeflogen wäre: dass er Material aus dem Ausschuss an Mappus gegeben habe.

Als Müller Umweltminister war (1998 bis 2004), war Mappus sein Staatssekretär. Aber auch der CDU-Obmann im Ausschuss, Volker Schebesta, hatte direkten Kontakt zu Mappus - per SMS während der Ausschussarbeit. Schebesta bestreitet allerdings, Fragen an Zeugen gestellt zu haben, weil Mappus ihn darum gebeten hatte.

Die neuen Unterlagen der Staatsanwaltschaft befeuern auch eine Schlammschlacht innerhalb der CDU. Mappus soll nach einer Vernehmung im Ausschuss per SMS an seinen Freund, den Investmentbanker Dirk Notheis, geschrieben haben, er habe gute Lust, aus dem "Scheißverein" auszutreten. Gemeint war die CDU. Strobl und CDU-Fraktionschef Peter Hauk legten Mappus daraufhin den Parteiaustritt nahe. Doch Mappus denkt gar nicht daran: "Ich war, bin und bleibe mit Leib und Seele Mitglied dieser Partei. Und daran wird niemand etwas ändern."

Über seine Anwälte versuchte er, Strobl und Hauk auch direkt noch eins auszuwischen. Beide seien im Herbst 2010 im Detail über die EnBW-Transaktion informiert gewesen, "im Falle von Herrn Hauk ausführlich bereits vor der diesbezüglichen Kabinettsentscheidung". Hauk bestreitet dies.

Für die Südwest-CDU hat das Bundestagswahljahr damit schlecht begonnen. Strobl hat als Zielmarke der Landespartei für den 22. September 40 Prozent plus x ausgegeben. Die Bundes-CDU und Kanzlerin Angela Merkel sind auf ein gutes Ergebnis des zweitgrößten Landesverbandes angewiesen. Die leidigen Themen EnBW und Mappus waren eigentlich in den Hintergrund geraten. Sie aus der Bundestagswahl herauszuhalten dürfte aber nicht gelingen: Der Ausschuss erwartet weitere Aktenanlieferungen der Staatsanwaltschaft.