Justizministerin will Wahlpflicht abschaffen und vor allem Türken besser integrieren

Berlin. Die CSU im Bundestag lehnt den Vorstoß von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu mehr doppelten Staatsbürgerschaften für Ausländer ab. "Ich sehe keine Veranlassung zu einer Änderung unserer Position", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. "Die Argumente, die für die Optionslösung sprachen, sind heute noch genauso vorhanden wie damals." Die Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln wäre nicht leichter zu bewerkstelligen, wenn es mehr doppelte Staatsbürgerschaften gäbe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), hatte zuvor Gesprächsbereitschaft mit der FDP signalisiert.

Nach Ansicht von Leutheusser-Schnarrenberger gehört die Optionslösung auf den Prüfstand. Sie schreibt vor, dass sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern aus Nicht-EU-Staaten bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Wenn sie nicht nachweisen können, dass sie ihre ausländische Staatsbürgerschaft aufgegeben oder verloren haben, verlieren sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Betroffen sind vor allem Menschen türkischer Abstammung. "Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft zeigen", sagte die Justizministerin zu "Spiegel online". Die Optionslösung gehöre auf den Prüfstand, "wenn es dazu führt, dass sich Menschen von Deutschland abwenden".

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, begrüßte die Initiative der Justizministerin. "Schön, dass die verzweifelt ums Überleben kämpfende FDP nun plötzlich ihre Liebe zur doppelten Staatsbürgerschaft entdeckt." Seit dem Jahr 2000 habe die FDP immer wieder SPD-Initiativen abgelehnt, betonte Hartmann. 1999 wollten SPD und Grüne bei der Reform generell eine doppelte Staatsbürgerschaft zulassen. Rot-Grün verlor aber die Mehrheit im Bundesrat, nachdem der CDU-Politiker Roland Koch nach einer Kampagne gegen den Doppelpass die Landtagswahl in Hessen gewonnen hatte.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle will junge Migranten zum Bleiben in Deutschland bewegen. Dem "Handelsblatt" sagte er, entscheidend sei nicht, ob jemand zwei Pässe habe, sondern ob er sich in Deutschland integriere. "Qualifizierte Zuwanderung sichert unseren Wohlstand."

Von den 106.897 Menschen, die 2011 eingebürgert wurden, konnten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 50,4 Prozent ihren alten Pass behalten: vor allem Bürger aus anderen EU-Staaten und der Schweiz, aber auch Menschen aus Staaten wie Marokko und dem Iran.