Streitigkeiten, wie die von Tia H., sind kein Einzelfall. Das zeigt die Statistik der 2008 in Hamburg gegründeten Beratungsstelle Migration und Arbeit (MigrAr) des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). In den vergangenen fünf Jahren hat MigrAr rund 300 Beschäftigte betreut, die von Arbeitgebern um ihr Gehalt betrogen wurden oder zu Dumpinglöhnen arbeiten mussten. Besonders häufig arbeiten Migranten und Menschen ohne Papiere im Hafen, auf dem Bau, in der Pflege, in der Gastronomie, im Rotlichtmilieu oder im Haushalt.

Die Ausbeutung betrifft nahezu alle Branchen - nur weil Menschen keine Aufenthaltserlaubnis oder keine Arbeitserlaubnis haben, verlieren sie aber nicht automatisch ihre Rechte als Arbeitnehmer. Im Gegenteil: Arbeit gegen Lohn. So steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Paragraf 611, Absatz 1. Schwierig ist der Beweis. Ein Präzedenzfall für das Recht auf Lohn wurde 2008 vor dem Hamburger Arbeitsgericht verhandelt, in dem die Illegale Ana S. ihren Lohn eingeklagt hat. Die chilenische Frau hatte in einer wohlhabenden Hamburger Familie als Kindermädchen und Putzhilfe gearbeitet und wurde über drei Jahre ausgenutzt. Am Ende zahlte ihr ehemaliger Arbeitgeber Ana S. eine Abfindung von rund 12.500 Euro.

Auch das Schicksal einer jungen Frau aus Ecuador ist so ein Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht. Ein Paar aus Volksdorf soll sich Rosa Maria J. R. seit Juni 2009 über mehr als ein Jahr als Haussklavin gehalten haben. Die Papiere sollen sie ihr bei der Ankunft in Deutschland abgenommen haben. Ob die Beschuldigten, gegen die die Staatsanwaltschaft im November 2012 Anklage erhoben hat, der 22-Jährigen eine Abfindung zahlen werden, ist unklar. Der Vorwurf: Zwangsarbeit und Menschenhandel. Das Ehepaar bestreitet die Vorwürfe. Ein Termin vor Gericht steht noch aus.