Kassel/London. Die Familienpolitik in Deutschland lässt nach Auffassung des früheren Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio zu wünschen übrig. "Es fehlt an der Gegenrechnung, was einerseits der Staat für Familien leistet und welche Belastungen diese andererseits haben", sagte Di Fabio beim Evangelischen Juristenforum im Bundessozialgericht in Kassel. Familien würden zwar einige staatliche Familienhilfen wie etwa das Elterngeld erhalten, so Di Fabio. Dafür müssten sie aber ein Vielfaches an Steuern zahlen. "Das merken alle Eltern", sagte der Jurist und Vater von vier Kindern. So steckten in den Wasser- und Energiekosten der "stets duschenden Kinder" nicht nur die Umsatzsteuer, sondern darüber hinaus Energiesteuern, die Familien besonders belasteten.

Der Verfassungsrechtler forderte, dass Lebensgemeinschaften, bei denen die Partner füreinander einstehen, vom Staat gefördert werden sollten. "Das hat der Staat unter Schutz zu stellen", sagte Di Fabio, beispielsweise in Form des Ehegattensplittings. Nach dem Grundgesetz genieße die Ehe einen besonderen Schutz. Dies bedeute aber nicht, dass gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaften benachteiligt werden müssten. "Die Ehe darf nur nicht schlechter behandelt werden", stellte der Jurist klar.

Regierungen in aller Welt sollten nach einer neuen Studie die Rahmenbedingungen für Familien verbessern, damit sich Kinder voll entfalten können. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Analyse des World Policy Analysis Center, die nach eigenen Angaben die rechtlichen Grundlagen und die Familienpolitik in 191 Ländern verglichen hat. Die Regierungen werden aufgefordert, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa durch Mindestlöhne, bezahlten Mutterschutz, kostenlose Bildung für Kinder oder Einschränkung der Kinderarbeit.