Seit 2010 müssen Studenten Examens- und Doktorarbeiten auch in digitaler Version einreichen. Das erleichtert den Vergleich von Texten.

Hamburg. Spätestens seit 2011 bekannt wurde, in welchem Umfang Ex-Verteidigungsminister Guttenberg für seine Doktorarbeit von anderen abgeschrieben hatte, sind Universitäten alarmiert - und erhöhen den Druck auf Betreuer und Doktoranden.

Das gilt auch in Hamburg. An der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität beispielsweise müssen die Gutachter von Dissertationen in ihrer Bewertung nun schriftlich darlegen, wie sie die Arbeit auf Plagiate geprüft haben, durch Stichproben oder mit einer Plagiatssoftware. Letzteres ist seit 2010 möglich, weil Studenten seitdem ihre Examens- und Doktorarbeiten auch in einer digitalen Version einreichen müssen.

Hans-Heinrich Trute, Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikationsrecht, untersucht jede von ihm betreute Arbeit mit dem Programm "Turnitin". Dieses scannt den Text und sucht dann nach vergleichbaren Passagen im Internet. Dabei finde er fast immer Übereinstimmungen mit vier bis 18 Prozent des Textes, sagt Trute. Das sei meistens unbedenklich, denn es handele sich zum Beispiel um Namen von wichtigen Autoren, die eben auch im Internet auftauchten. Problematisch seien dagegen weitergehende Auffälligkeiten, wenn der Autor nicht ordnungsgemäß zitiere. "Erst an diesen Stellen beginnt die eigentliche, sehr aufwendige Plagiatsprüfung, bei der jede fragwürdige Passage mit dem Original zu vergleichen ist", erläutert Trute.

Noch aufwendiger sei der Abgleich mit Werken, die nicht im Internet veröffentlicht worden sind. Hinweise, dass aus solchen Texten ohne Quellenangabe abgeschrieben worden sein könnte, erhielten Prüfer von der Onlineplattform VroniPlag Wiki, von Kollegen oder weil der Autor eines solchen Werkes sich bei ihnen melde, sagt Hans-Heinrich Trute. Dann bleibe ihnen nichts anderes übrig, das Werk - also oft mehrere Hundert Seiten - einzuscannen, um die digitale Version nach den besagten Textstellen zu durchsuchen. Das gedruckte Buch durchzusehen würde ja noch viel länger dauern.

Ob durch die Software, die auch an den Fakultäten für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Erziehungswissenschaften, Psychologie und Bewegungswissenschaften genutzt werde, die Zahl der groben Täuschungen zurückgehe, könne er nicht einschätzen, sagt Trute. Aber: "Jeder weiß inzwischen, dass die Chance sehr hoch ist, erwischt zu werden." Dem Präsidium der Universität zufolge gab es in den letzten Jahren an der Hochschule fünf Plagiatsfälle, von denen einige Gegenstand eines aktuellen Verfahrens sind.

Ähnlich wie die Universität Hamburg will künftig die Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH) verfahren. Es soll ein fester Bestandteil des Promotionsverfahrens werden, dass Gutachter von Dissertationen bestätigen, dass sie die Texte auf Plagiate überprüft haben. Dass dies ohnehin geschieht, hatte man vor der Guttenberg-Affäre eigentlich für selbstverständlich gehalten. Das sei es eigentlich auch, sagt Prof. Otto von Estorff, Vorsitzender des Promotionsausschusses der TUHH, aber eine "Bewusstmachung" könne ja nicht schaden. Der Ingenieur, Leiter des Instituts für Modellierung und Berechnung, setzt seit einem Jahr die Plagiatssoftware "Docoloc" ein. Auch dieses Programm vergleicht wissenschaftliche Arbeiten mit im Internet veröffentlichten Texten. Zumindest bei Doktorarbeiten an der TUHH sei ihm bisher "kein einziger Plagiatsfall bekannt", sagt Estorff.

Allerdings habe es allein an seinem Institut zwei Studierende gegeben, die teilweise unsauber gearbeitet hätten. Hochschulweit bekannt sei der Fall eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, der eigentlich promovieren sollte - bis herauskam, dass er wild zusammenkopierte Veröffentlichungen bei Konferenzen eingereicht hatte. Daraufhin sei ihm gekündigt worden. Eine Statistik, wie viele Plagiatsfälle an der TUHH insgesamt in den vergangenen Jahren bekannt geworden seien, gebe es nicht, sagt Estorff.