SPD und Union machen zweifache Staatsbürgerschaft zum Thema im Wahlkampf

Hamburg. Wegen der Optionspflicht müssen sich manche Menschen entscheiden, ob sie nur Deutsche oder auch Deutsche sein wollen. Kinder von Ausländern, die in Deutschland geboren werden und zwei Staatsbürgerschaften haben, die ihrer Eltern und die deutsche, bekommen mit ihrer Volljährigkeit einen Brief von der Behörde. Bis zu ihrem 23. Lebensjahr müssen sie sich entscheiden: für den deutschen Pass oder den ihrer Eltern. Entscheiden sie sich nicht, verlieren sie die deutsche Staatsbürgerschaft.

In Hamburg sind 143.619 Menschen registriert, die neben der deutschen Staatsbürgerschaft noch mindestens ein zweite haben. 25.742 von ihnen haben Wurzeln in Polen, 17.680 in der Türkei, aber auch die russische, afghanische, kasachische und iranische zweite Staatsbürgerschaft zählen zu den häufigsten Fällen in Hamburg. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Kazim Abaci an den Senat hervor.

Von diesen fast 150.000 Menschen in Hamburg standen zum Ende 2012 insgesamt 447 junge Menschen der Jahrgänge 1990 bis 1994 vor der Entscheidung für den einen oder anderen Pass - sie sind also optionspflichtig. Schon 244 von ihnen haben sich bereits entschieden: und zwar alle für die deutsche Staatsbürgerschaft. Die anderen zögern die Entscheidung noch hinaus.

Deutschlandweit sind rund 3300 Menschen von der sogenannten Optionspflicht betroffen. Im Jahr 2000 hatte die Regelung als Paragraf 29 Einzug in das Staatsangehörigkeitsgesetz gefunden. Doch die Kritik an dem Gesetz wird lauter: vor allem in der SPD und bei den Grünen.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte unlängst verkündet, im Falle eines rot-grünen Wahlsieges bei der Bundestagswahl im September die doppelte Staatsangehörigkeit für alle Kinder von Ausländern einzuführen, deren Eltern mindestens acht Jahre in Deutschland leben und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben. Auch Kazim Abaci hält die Aufhebung des Optionszwangs längst für überfällig: "Die vielen Tausend Menschen, die in Hamburg mit zwei Pässen leben, beweisen doch, dass einer Gesellschaft kein Schaden durch die doppelte Staatsbürgerschaft entsteht", sagte er dem Hamburger Abendblatt. Abaci selbst musste seinen türkischen Pass abgeben, um den deutschen zu erhalten. Vor allem für viele junge Menschen sei das eine schmerzhafte Erfahrung, berichtet Abaci. Viele würden gerne und mit Stolz beide Pässe mit sich tragen. Zudem kritisiert der SPD-Politiker die ungleiche Behandlung von Menschen mit ausländischen Wurzeln. So stehen etwa EU-Bürger nicht in der Optionspflicht, anders als Türken oder Iraner.

Auch die Union will die Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft im Wahlkampf zum Thema machen - allerdings sieht sie die zweifache Staatsangehörigkeit weiterhin kritisch. "In der Praxis würden zahlreiche Probleme entstehen - beispielsweise bei Auslieferung von Straftätern", warnte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU). Im Bereich der organisierten Kriminalität sei es gang und gäbe, über sogenannte Scheinehen die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben, um sich einer Abschiebung durch deutsche Behörden zu entziehen, argumentiert die Union. Der innenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Michael Hartmann, will diese Kritik der Union nicht gelten lassen: Die von den Konservativen angeführten Konflikte bei der Verfolgung von Straftätern ließen sich durch bilaterale Auslieferungsabkommen aus der Welt schaffen. Auch für Hartmann liegt das Problem in der Ungleichbehandlung der Betroffenen.