Hamburgs Senat lehnte anonyme Bewerbungen bisher ab. Nun macht die SPD selbst einen Vorstoß

Hamburg. Nicht nur der Name ist geschwärzt. Auch das Alter, das Foto, sogar die Endungen der bisherigen Berufe: Bürokauf... steht dort. Nicht mehr "mann" oder "frau". Klar, es gebe sofort Aufschluss über das Geschlecht des Bewerbers. Eine anonyme Bewerbung hat viele schwarze Flecken. Und Studien sagen, dass diese schwarzen Flecken zu mehr Gerechtigkeit und weniger Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt führen. Nur ein Beispiel: Das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) belegte, dass allein die Angabe eines türkischen Namens ausreicht, die Chance auf ein Vorstellungsgespräch um 14 Prozent zu senken, in kleineren Unternehmen sogar um 24 Prozent. Auch Ältere und Frauen werden bei Bewerbungen noch immer ungleich behandelt.

Hamburgs SPD will nun mit einem Antrag in der Bürgerschaft durchsetzen, dass die Stadt das Verfahren der anonymen Bewerbungen für Stellen im öffentlichen Dienst testet. Auch Landesbetriebe und öffentliche Unternehmen sollen einbezogen werden, heißt es in dem Antrag der Fraktion. Der Vorstoß ist ein Maßnahmenpaket, das die SPD einführen möchte, um ethnischer oder religiöser Diskriminierung, Sexismus und Alltagsrassismus entgegenzuwirken. Die anonymen Bewerbungen seien "ein weiteres Instrument, das geeignet sein könnte, den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund weiter zu erhöhen, aber zum Beispiel auch den von Frauen nach der Erziehungspause", sagte der Abgeordnete Kazim Abaci dem Abendblatt.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hatte 2012 ein Pilotprojekt für anonyme Bewerbungen abgeschlossen. Große Unternehmen wie die Deutsche Telekom, das Bundesfamilienministerium und die Stadtverwaltung Celle nahmen daran teil. Weitere Tests haben nun in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz begonnen. Nordrhein-Westfalen hat ein ähnliches Pilotprojekt gerade abgeschlossen, Schleswig-Holstein prüft den Start eines weiteren Projekts. "Hamburg würde von der Einführung anonymisierter Bewerbungen enorm profitieren", sagte Christine Lüders, Leiterin der ADS in Berlin, dem Abendblatt. Das Verfahren stelle die Qualifikation der Bewerber in den Fokus, es könne dazu führen, dass Frauen und Migranten endlich die gleichen Chancen zur Einladung zum Bewerbungsgespräch bekommen würden wie andere auch.

Doch bisher zeigte sich der Hamburger Senat verhalten. Noch im Dezember lehnte er eine Initiative der Grünen-Fraktion ab. "Die für Personal zuständige Behörde erwartet von anonymisierten Bewerbungsverfahren keinen zusätzlichen positiven Effekt", steht in der Antwort auf eine Anfrage.

Auch auf Nachfrage zeigt sich die Senatskanzlei gegenüber dem Abendblatt immer noch skeptisch. Gerade bei der Förderung von Frauen in Führungspositionen zweifelt der Senat, ob das Verfahren sinnvoll ist. Denn junge Neubewerber kämen nur selten direkt für Spitzenämter in Frage. Und bei erfahrenen Mitarbeitern mache ein anonymes Bewerbungsverfahren keinen Sinn. 2012 lag der Anteil der Menschen mit ausländischen Wurzeln unter den neuen Auszubildenden bei 17,3 Prozent. Ziel des Senats sind 20 Prozent. Man sei auf einem guten Weg, auch ohne Anonymisierung. Dennoch signalisiert der SPD-Senat beim Antrag der eigenen Fraktion größere Handlungsbereitschaft. "Wenn die Bürgerschaft diesen Antrag beschließt, werden wir die Möglichkeiten der Anwendung anonymisierter Bewerbungsverfahren prüfen", sagte Senatssprecher Jörg Schmoll.

Die Grünen-Politikern Stefanie von Berg kritisiert die Skepsis des Senats. Ziel müsse langfristig sein, das Verfahren der anonymen Bewerbungen auch in der freien Wirtschaft durchzusetzen. "Da muss die Hamburger Verwaltung eine Vorbildrolle einnehmen", sagte sie dem Abendblatt. Die Blockade-Haltung müsse endlich ein Ende haben.