Ministerin Annette Schavan will weiter um ihren Doktortitel kämpfen. Externe Gutachter sollen beweisen, dass sie nicht abgekupfert hat.

Berlin. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) geht gegen die Plagiatsvorwürfe in die Offensive. Im Kampf um ihren Doktortitel fordert sie zur Überprüfung ihrer Promotionsarbeit externe Gutachter. Schavan bleibt dabei: Ihre Doktorarbeit sei kein Plagiat.

Auch nach der Entscheidung der Uni Düsseldorf, ein Verfahren zur Aberkennung ihres Doktortitels einzuleiten, zeigte sich Schavan am Mittwoch überzeugt, „dass die unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden“. Unterdessen hat der Fall die Debatte über Standards für Hochschulabschlüsse neu entfacht. Der Ruf nach einheitlichen Regeln für die Überprüfung von Promotionen wird lauter.

„Ich gehe davon aus, dass mit der Eröffnung eines ergebnisoffenen Verfahrens jetzt auch verbunden ist, externe Fachgutachten einzuholen“, hieß es in einer Erklärung Schavans. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe habe sie in den vergangenen acht Monaten Gelegenheit gehabt, mit zahlreichen Fachwissenschaftlern eingehend über die Plagiatsvorwürfe zu sprechen.

Schavan betonte: „Die intensive Beschäftigung mit dem Text meiner Dissertation – auch im Zusammenhang mit meiner schriftlichen Stellungnahme zu der Ausarbeitung des Vorsitzenden des Promotionsausschusses – bestärken mich in meiner Überzeugung, dass meine Dissertation kein Plagiat ist.“

Der Philosophische Fakultätsrat der Uni Düsseldorf hatte am Dienstagabend mit 14-Ja-Stimmen und einer Enthaltung ein „ergebnisoffenes“ Verfahren zur Aberkennung von Schavans Doktortitel eingeleitet. Schavan werden bei ihrer 1980 eingereichten Doktorarbeit Plagiate, unkorrektes Zitieren und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen.

Nach Ansicht der Grünen-Bildungspolitikerin Krista Sager sollten die Hochschulen ihre Verfahrensregeln bei Plagiatsvergehen vereinheitlichen. Es sei zum Beispiel reiner Zufall, dass der frühere Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) sich in Bayreuth nicht strafbar gemacht habe, sagte Sager im Deutschlandfunk. An der Uni München wäre er dagegen wegen Meineids angeklagt worden.

Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), verwies darauf, dass der Bund auch nach der Föderalismusreform von 2006 für die Sicherung der Hochschulabschlüsse zuständig sei. So könne er einheitliche Rahmenvorgaben machen, wenn die Wissenschaft sich nicht selbst darauf verständigen könne, sagte Burchardt der Deutschen Presse-Agentur. Dies gelte sowohl für die Garantie der Qualität beim Abschluss wie auch für Kontrollverfahren beim Verdacht von Verfehlungen.

Der Historiker Paul Nolte (FU Berlin) plädierte für eine Verjährungsfrist bei Plagiatsvergehen. Auch 1980 habe man gewusst, was ein korrektes Zitat ist, sagte Nolte im Deutschlandradio Kultur. Nach so vielen Jahren sei es aber für ihn „ein sehr fragwürdiges Verfahren, so mit dem Leben eines Menschen umzugehen“. Für Schavan werde es in jedem Fall „eng“. Allein wegen der Einleitung des Verfahrens sei ihre Integrität beschädigt. Sie müsse sie sich fragen lassen „ob sie als Bildungsministerin noch länger amtieren kann“.

Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer forderte die Uni Düsseldorf auf, „endlich unabhängigen Expertenrat einzuholen“. Im Hauptverfahren müsse „auch die berechtigte Kritik aus der Wissenschaft am bisherigen Vorgehen beachtet werden“.

Schavan nahm am Vormittag an der Sitzung der Bundesregierung in Berlin teil und wurde nach Teilnehmerberichten von ihren Kabinettskollegen freundlich begrüßt. Das zum Entzug ihrer Doktorarbeit eingeleitete Verfahren habe in der Sitzung keine Rolle gespielt.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bescheinigte ihrer Kollegin im Rückblick auf fast acht gemeinsame Regierungsjahre, sie habe „wirklich hervorragende Arbeit geleistet“. Sie schätze Schavan „enorm“ und habe sie als „sehr integere Kollegin mit ganz hoher Fachkompetenz“ erlebt, sagte von der Leyen in Berlin. Zu der aktuellen Auseinandersetzung in der Wissenschaftswelt könne sie aber nichts sagen.