Kurz nacheinander hatten zwei Kölner Krankenhäuser der katholischen Cellitinnen-Stiftung die Behandlung einer vergewaltigten Frau abgelehnt.

Köln. Eine junge Frau ist in Köln nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung an zwei katholischen Krankenhäusern abgewiesen worden. Die 25-Jährige sollte dort gynäkologisch untersucht werden, um Spermien für den Fall zu sichern, dass sie gegen einen Täter gerichtlich vorgehen würde. Die beiden Kliniken lehnten dies aber ab, wie ihr Träger, die Stiftung der Cellitinnen, am Donnerstag bestätigte.

Die Kliniken begründeten die Ablehnung damit, dass eine solche Untersuchung immer auch mit einem Gespräch verbunden sei, in dem auf die "Pille danach" hingewiesen werde. Das aber sei katholischen Häusern untersagt. Sowohl die Krankenhaus-Leitung als auch das Erzbistum Köln bezeichneten die Ablehnung am Donnerstag als "Missverständnis" und entschuldigten sich dafür.

Christoph Leiden sagte für die Krankenhausleitung, Vergewaltigungsopfer würden in katholischen Krankenhäusern genauso behandelt wie in anderen Kliniken auch. Die einzige Ausnahme sei, dass ihnen dort nicht die "Pille danach" verschrieben werde. Die Frauen würden aber auf diese Möglichkeit hingewiesen. Es gebe keine Strategie der Abweisung, versicherte er. Das Gegenteil sei der Fall.

Dass die Frau gleich zweimal kurz hintereinander und mit derselben Begründung von katholischen Krankenhäusern in Köln abgewiesen wurde, ist nach Darstellung von Leiden reiner Zufall. In beiden Fällen hätten einzelne Ärzte einen Fehler gemacht. Die Klinikleitung müsse sich vorwerfen lassen, das richtige Vorgehen offenbar nicht richtig kommuniziert zu haben.

Notärztin hatte um Spurensicherung gebeten

Auch die Stiftung der Cellitinnen entschuldigte sich für das Vorgehen ihrer Kliniken. Geschäftsführer Andre Meiser sagte, dass es bei den diensthabenden Ärzten ein Missverständnis über die im November herausgegebenen Handlungsempfehlungen der Ethik-Kommission beider Kliniken gegeben habe. Eine Behandlung vergewaltigter Frauen mit anonymer Spurensicherung für ein Gerichtsverfahren sowie eine Beratung auch über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch seien nach den Regelungen möglich. Die Verschreibung der „Pille danach“ sei aber nicht erlaubt.

Der „Kölner Stadt-Anzeigers“ hatte berichtet, dass im Dezember zwei Kliniken in Trägerschaft der Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria in der Domstadt die Behandlung einer 25-Jährigen abgelehnt hatten. Die Frau war bei einer Party mit K.o.-Tropfen betäubt worden und später auf einer Parkbank zu sich gekommen. Eine Notärztin hatte die Kliniken gebeten, Spuren einer eventuellen Vergewaltigung zu sichern. Die Einrichtungen verweigerten laut Bericht die Untersuchung, weil damit auch ein Beratungsgespräch über eine mögliche Schwangerschaft und deren Abbruch sowie das Verschreiben der „Pille danach“ verbunden sei.

Meiser bedauerte Kommunikationsprobleme über die Stellungnahme der Ethikkommission. Diese sehe neben der Heilbehandlung und der Sicherung gerichtsverwertbarer Spuren auch eine Beratung über weitere mögliche medizinische Maßnahmen im Falle einer Schwangerschaft vor, damit sich eine Patientin informiert und autonom selbst für oder gegen eine „Pille danach“ zur Verhinderung einer Schwangerschaft entscheiden kann. Die Verschreibung der Pille müsse aber in einer anderen Einrichtung erfolgen. Weil die „Pille danach“ eine befruchtete Eizelle tötet, sieht die katholische Kirche darin eine Abtreibung, die sie ablehnt.

Meiser betonte, dass die Initiative zu den ethischen Handlungsempfehlungen allein von den Kliniken ausgegangen sei und nicht auf einer Intervention des Kölner Kardinals Joachim Meisner beruhe. Auch habe es keinen Fall gegeben, dass einem Klinikmitarbeiter wegen eines Verstoßes gegen ethische Richtlinien gekündigt worden sei.

Keine einheitlichen Regeln im Erzbistum

Der Abteilungsleiter Krankenhaus beim Kölner Diözesan-Caritasverband, Peter Brüssel, sagte auf Anfrage, dass es im Erzbistum Köln keine einheitlichen Richtlinien über den Umgang seiner Krankenhäuser mit Vergewaltigungsopfern gebe. In ihrer Praxis richteten sich die Kliniken nach den allgemeinen ethischen Grundsätzen der katholischen Kirche.

Unterdessen kündigte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium eine Prüfung an, ob ein Verstoß der Krankenhäuser gegen gesetzliche Regelungen vorliege. Hierzu sei Kontakt mit allen relevanten Stellen aufgenommen worden. Vor einer Aufklärung des Sachverhalts sei es nicht möglich, den konkreten Fall zu bewerten. Ministerin Barbara Steffens (Grüne) betonte aber, dass grundsätzlich kein Krankenhaus ein Gewaltopfer abweisen dürfe. Neben der Therapie körperlicher und psychischer Schäden müsse eine Spurensicherung für die spätere Strafverfolgung erfolgen.

Auch das Erzbistum Köln betonte, dass seine Krankenhäuser keine Vergewaltigungsopfer abweise. Auch in den katholischen Häusern erhielten betroffene Frauen die notwendige Heilbehandlung inklusive Spurensicherung.

Der Geschäftsführer des Katholischen Krankenhausverbandes, Thomas Vortkamp, sagte dem Internetportal katholisch.de, es handle sich um ein „sehr schwieriges Thema“. Die Verantwortlichen müssten abwiegen „zwischen der persönlichen tragischen Situation der betroffenen Person und den ethischen Grundsätzen der katholischen Kirche“. Generell habe eine katholische Klinik auch in einem solchen Fall die notwendige medizinische Behandlung zu leisten sowie seelsorgerliche und psychosoziale Begleitung anzubieten.