Ehrenhalber verliehene Auszeichnungen bleiben, auch wenn sie in ihrer Promotion abgeschrieben hat

Berlin/Düsseldorf. Wenn im Januar die großen Wissenschaftsorganisationen zu ihren Neujahrsempfängen in Berlin zusammenkommen, wird ein Thema die Tischrunden der Professoren beherrschen: Wie lange kann sich die unter Plagiatsverdacht stehende Bildungs- und Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) im Amt halten? Am 22. Januar will der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf erstmals darüber beraten, ob er gegen sie ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels einleitet.

Das Ergebnis einer Vorprüfung des Promotionsausschusses ist für Schavan vernichtend: Einstimmig votierten die sieben Mitglieder - vier Professoren, zwei Mitarbeiter und ein Student - für diesen Schritt. Basis für die Entscheidung: ein 75-seitiges Gutachten des Promotionsausschussvorsitzenden Stefan Rohrbacher, Professor für Jüdische Studien. Er attestiert Schavan eine "leitende Täuschungsabsicht" bei ihrer vor 32 Jahren eingereichten Doktorarbeit mit dem Thema "Person und Gewissen". Rohrbachers Gutachten wie auch das Votum des Promotionsausschusses wurden durch Indiskretionen publik.

Die SPD erhöht den Druck auf Schavan. "Wenn sie das wissenschaftliche Handwerk nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, muss sie Konsequenzen ziehen", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles "Bild am Sonntag". Schavan selbst lehnte einen Rücktritt ab. "Ich möchte Ministerin bleiben, über die Bundestagswahl hinaus", betonte sie in der "Welt". Sie reagierte damit auch auf einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Diese hatte unter Berufung auf Unions-Kreise geschrieben, Schavan denke offenbar darüber nach abzudanken, falls die Uni ein Verfahren zur Überprüfung ihrer Doktorarbeit einleitet. In dem Bericht hieß es, Schavan habe intern bereits die Frage aufgeworfen, ob sie Ministerin bleiben könnte, sollte die Universität ein Verfahren eröffnen. Der forschungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Neumann, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Sie ist verantwortungsvoll genug, um zu wissen, welche Konsequenzen sie - je nach Ausgang - zu ziehen hat."

In dem Gutachten des Professors für Jüdische Studien sollen auf 60 der 351 Seiten Plagiate nachgewiesen worden sein. Die Arbeit trage "das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise".

Doch der Fall Schavan ist nicht mit dem des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gleichzusetzen, der ganze Passagen aus anderen Texten kopierte und dann als Eigenprodukt ausgab. Als im Mai die ersten Vorwürfe des Plagiatsjägers "Robert Schmidt" im Internet auftauchten, sahen andere Wissenschaftler Schavans Arbeit durch. Die Pädagogen Elmar Tenorth (Berlin) und Helmut Fend (Zürich) bescheinigen Schavan "handwerkliche Fehler" - etwa bei der Ausweisung von Quellen und der Nutzung von Sekundärliteratur. statt Fazit aber: "Doktortitel werden aus solchen Gründen nicht aberkannt", schrieben Tenorth und Fend bei "Zeit Online". Schavan waren in ihrer Amtszeit vier Ehrendoktortitel aus Kairo, Jerusalem, Japan und China verliehen worden. Die dürfte sie in jedem Fall behalten.