Berlin. Das Problem der Altersarmut wird laut einem aktuellen Gutachten in Deutschland übertrieben und ist kein "allgemeines gesellschaftliches Problem". Armutsgefährdet sei vielmehr verstärkt die junge Generation, heißt es in einer Studie des unabhängigen wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. "Das tatsächliche Problem unterscheidet sich krass von dem, was die Menschen befürchten", erklärte Axel Börsch-Supan, Direktor des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik in München. "Es ist keinesfalls ausgemacht, dass die Zukunft schwarz wird", warnt er vor Pessimismus.

Derzeit befinden sich laut Gutachten 2,6 Prozent der über 65-Jährigen in der Grundsicherung, gesamtgesellschaftlich hingegen seien es 7,4 Prozent. Daher sei heute das Armutsrisiko im Alter vergleichsweise gering. Selbst bei schlechter Prognose steige der Anteil der Armen im Alter bis 2030 auf fünf Prozent. Keineswegs wolle die Studie das Armutsproblem verharmlosen, sagte der Sprecher des Beirats, Achim Wambach, von der Universität Köln. "Aber die politische Diskussion geht am Kern vorbei."

Der Beirat warnte vor den derzeit in den Parteien diskutierten Maßnahmen. Zusatzrenten würden Beitrags- und Steuerzahler belasten und negative Arbeitsanreizeffekte verursachen. Stattdessen müsse es attraktiv gemacht werden, länger zu arbeiten, damit die Erwerbstätigen sich mehr Ansprüche im Rentensystem erarbeiten würden. Das Armutsrisiko resultiere vor allem aus unzureichenden Erwerbsbiografien. "Bevor wir Milliarden in Zusatzrenten versenken, ist es besser, jetzt bei den Jüngeren in Bildung und Integration zu investieren", erklärte Börsch-Supan. Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit und zur Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund seien die effektivere Armutsbekämpfung.