Die mecklenburgischen Flugabwehrraketengruppen bereiten sich intensiv auf ihren Einsatz an der syrischen Grenze vor.

Warbelow. Heute muss jeder Handgriff sitzen: Im Nebel des mecklenburgischen Truppenübungsplatzes Warbelow sind am Dienstag 90 Soldaten der Kampfstaffelgruppe von Major Norman D. zur voraussichtlich letzten Übung angetreten.

Schon am kommenden Sonntag - keine zehn Tage nach dem Bundestagsbeschluss zur Verlegung von „Patriot“-Flugabwehrsystemen in die Türkei – soll die Truppe marschbereit sein. Die verbleibende Zeit wird gebraucht, um die Technik für die geplante Verschiffung Anfang Januar vorzubereiten.

Staffelchef Norman D. gibt den Aufbau-Befehl. Sofort beginnen die Soldaten im Umkreis von etwa 200 Metern mit der Errichtung des modernen Flugabwehrsystems. Am Fernmeldestand schiebt sich binnen einer Minute eine hydraulisch ausfahrbare Antenne in 30 Metern Höhe, während gleich nebenan Spezialisten das Startgerät für die „Patriot“-Lenkraketen aufbocken.

Nicht weit entfernt werden Stromkabel von einem Aggregatwagen zu den Modulen verlegt, darunter auch zur mobilen Radarstation, die gerade in die sogenannte Hauptkampfrichtung ausgerichtet wird. Kurz darauf dröhnen die Stromaggregate und versorgen den Feuerleitstand mit Energie.

Im Gefechtsstand schaut Norman D. zufrieden auf die Uhr. Keine 25 Minuten hat der Aufbau gedauert. Die Computer fahren hoch, das System ist einsatzbereit. „Meine Männer sind ein perfekt eingespieltes Team“, sagt der 34-Jährige, der erst im Herbst auf einem Truppenübungsplatz auf der griechischen Insel Kreta den scharfen Schuss mit „Patriot“-Lenkkörpern trainierte.

Einsatz mit gemischten Gefühlen

Trotzdem herrsche eine gewisse Aufregung vor dem Einsatzbefehl für die Türkei, räumt der Major ein. Auch für ihn sei es der erste Auslandseinsatz unter Gefechtsbedingungen, sagt er. Zwar wisse die Familie, „dass wir bestens vorbereitet sind“. Aber ehrlich gesagt, so fügt er hinzu, bleibe ein gemischtes Gefühl: Zuhause in Tessin sei ein Kind unterwegs.

Auch Feldwebel Jens W. aus Rostock fällt es nicht ganz leicht, Gelassenheit zu zeigen. Dabei war er schon vor neun Jahren mit der Bundeswehr im ISAF-Einsatz in Usbekistan und Afghanistan. Mittlerweile sei die Tochter zwölf, sagt der 35-Jährige. „Da fragt das Mädchen schon mal wie lange der Papa fort ist und ob es gefährlich werden kann an der türkisch-syrischen Grenze.“

Als Spieß der Staffelgruppe hat er derzeit viel zu tun. Seit Montag prüft ein Aufklärungsteam die Gegebenheiten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Kahramanmaras, wo voraussichtlich die „Patriot“-Staffeln der mecklenburgischen Flugabwehrraketengruppen 24 aus Warbelow und 21 aus Sanitz zum Schutz einer türkischen Stadt vor einem möglichen Beschuss mit syrischen Raketen stationiert werden sollen. „Bislang sind noch viele Fragen offen“, sagt Jens W. Das reiche von der Verpflegung bis zu Unterkunft.

In wenigen Wochen einsatzbereit

„Ende Januar, spätestens Anfang Februar“ werde der deutsche NATO-Verband etwa 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt einsatzbereit sein, versichert Marcus Ellermann, Kommodore des Flugabwehrraketengeschwaders 1 Schleswig-Holstein. Zum ersten Kontingent gehören zwei Kampfstaffeln mit 170 Soldaten, die meisten aus Mecklenburg-Vorpommern. Hinzu kommen bis zu 230 Unterstützungskräfte wie Feldjäger, Sanität oder Logistiker.

Ellermann, Jahrgang 1967 und gebürtiger Westfale, sagt, seine Truppe sei stolz darauf, dass ihr Waffensystem jetzt gefragt sei. Trotzdem wünschten sich wohl alle, dass man am Ende des Einsatzes in voraussichtlich einem Jahr zurückkehren werde, ohne dass je eine der mit Mach 5 fliegenden Lenkraketen abgeschossen wurde. „Wir setzen auf die abschreckende Wirkung der seit vielen Jahren bewährten ’Patriot’-Technologie“, sagt der Oberst. Zugleich macht er unmissverständlich deutlich, dass man zum Abschuss der Raketen bereit sei, wenn es eine Bedrohung des NATO-Partners Türkei durch ein gegnerisches Flugobjekt zweifelsfrei gebe.