Größte Zustimmung für die CDU-Chefin in ihrer Amtszeit. Aber die Kanzlerin wirkt kühl und lässt die kontroversen Debatten ins Leere laufen.

Hannover. Emotionen sind nicht unbedingt Angela Merkels Sache. Gerade hat der CDU-Bundesparteitag sie mit einem Rekordergebnis als Parteivorsitzende wiedergewählt, die rund 1000 Delegierten feiern sie. Doch die Bundeskanzlerin steht in Hannover mit zwei Blumensträußen bewaffnet auf der Bühne und meint ziemlich trocken: "Und ich wollte noch sagen, wer mich kennt: Ich bin ganz platt und bewegt."

Gut, dass sie es sagt. Denn obwohl Merkel gerade mit 97,94 Prozent Jastimmen das beste Ergebnis ihrer mittlerweile schon zwölf Jahre dauernden Amtszeit als Parteichefin eingefahren hat, wirkt sie kühl und routiniert wie fast immer. Dabei spielt sich vor ihr genau diejenige "Krönungsmesse" für sie ab, von der seit Tagen die Rede war.

Schon am Morgen hatte Merkel für eine eher staatstragende Rede einen weiteren "Rekord" einheimsen können - einen siebeneinhalbminütigen Applaus. Auch hier weiß Merkel nicht so ganz, was sie tun soll. Als das Klatschen schon fast vier Minuten dauert, setzt sie sich das erste Mal und will zur Tagesordnung übergehen.

Dabei weiß sie als erfahrene Politikerin ganz genau, dass die Delegierten vor ihr gar keine Wahl haben als einfach weiterzuklatschen. Schließlich hatten einige Medien die Messlatte für Erfolg und Misserfolg dieses CDU-Parteitags schon vorher sehr hoch gelegt - alles unter sieben Minuten und 95 Prozent wäre eine Enttäuschung, schrieben Kommentatoren. Also lieferte der CDU-Parteitag prompt das für die Aufstellung zum Wahljahr 2013 erwartete Ergebnis.

Die Delegierten wissen: Am Sonntag krönt die SPD am selben Ort Peer Steinbrück zu ihrem Kanzlerkandidaten - wahrscheinlich mit einer ähnlichen demonstrativen Geschlossenheit. Nun liegt die Messlatte eben für die SPD höher - so schlicht kann Politik sein. Dabei hatte es Merkel den Delegierten gar nicht so leicht gemacht: Denn in ihrer Rede gibt sich die Kanzlerin eine Stunde lang relativ allgemein. Merkel nimmt an allen Ecken und Enden auf diesem Parteitag Emotionen heraus, statt sie anzuheizen. Sie dankt nicht nur den Bundeswehrsoldaten, ausbildenden Betrieben, der CSU, sondern auch innerparteilich umstrittenen Politikern wie Norbert Röttgen, dem die CDU-Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen angelastet wird und der deshalb aus der Unions-Führungsriege ausscheidet. Und kontroverse Debatten in der Volkspartei hat Merkel zwar am Montag noch eingefordert, aber in der Parteispitze nur wenig später hinter verschlossenen Türen dafür gesorgt, dass der Streit etwa um höhere Rentenansprüche für Mütter abgeräumt wird, noch bevor der Parteitag und eine Diskussion beginnen konnten. Einzelne Forderungen nach einem konservativeren Profil oder einer Großstadt-Orientierung verpuffen dann in der allgemeinen Aussprache.

Bei der Wahl der fünf Merkel-Stellvertreter hat die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner das beste Ergebnis erzielt: Sie kam auf 92,9 Prozent. Auf Platz zwei landete mit 83,4 Prozent der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, ihm folgten mit 69 Prozent Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl (68 Prozent) sowie der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet (67,3 Prozent).

FDP-Chef Philipp Rösler hat die Ankündigung von Merkel begrüßt, das Bündnis mit den Liberalen nach der Bundestagswahl 2013 fortsetzen zu wollen. "Angela Merkels Bekenntnis zu Schwarz-Gelb sendet ein Signal der Verlässlichkeit nach innen wie nach außen", erklärte Rösler.

Die Opposition hat den CDU-Bundesparteitag zur Abrechnung genutzt: SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf den Christdemokraten plumpe Inszenierung vor, mit der die Realitäten schöngeredet würden. Die Grünen sprachen von einer "Merkel-Messe". "Unter Merkel driften Arm und Reich weiter auseinander, der Armuts- und Reichtumsbericht wird geschönt und den Bürgern die Wahrheit über Griechenland verschwiegen", sagte Nahles.