SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat seine Vortragshonorare verteidigt. Seine Arbeit als Abgeordneter habe er nicht vernachlässigt.

Berlin. Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat seine kritisierten Vortragshonorare in Millionenhöhe verteidigt und Vorwürfe, er sei deswegen abhängig von den Auftraggebern geworden, als „absurd“ zurückgewiesen. Der frühere Finanzminister bestritt am Dienstag in Berlin, er habe wegen seiner vielen Vortragsreisen seine eigentliche Arbeit als Bundestagsabgeordneter vernachlässigt. Zugleich räumte er ein, zwei Vorträge nicht korrekt dem Bundestag gemeldet zu haben. Dies werde er zügig nachholen.

Steinbrück erklärte, er habe zwischen 2009 und 2012 insgesamt 89 Vorträge gegen Geld gehalten. Davon seien 74 mit dem „Standardhonorar“ seiner Redneragentur von 15.000 Euro vergütet worden, was netto ungefähr 7.300 Euro ausmache. In der gleichen Zeit habe er 237 unentgeltliche Vorträge gehalten, betonte er. In vielen Fällen habe er auf Honorare verzichtet, oder um Spenden zugunsten wohltätiger Zwecke gebeten.

Steinbrück betonte, er werde die Einkünfte aus Buchverträgen nicht veröffentlichen, weil in diesem Fall keine Gefahr von Abhängigkeiten bestehe. Zudem müsse er die Interessen seines Co-Autors beachten. Steinbrück sagte, die vielen Vortrags-Anfragen habe er angenommen „in einer Zeit, als weder die SPD noch ich selbst die Idee hatten, wieder in den Ring zu steigen.

Zu seinen Fehlzeiten im Bundestag sagte Steinbrück, er sei 2009 und 2010 an sieben Sitzungstagen nicht da gewesen, an denen namentliche Abstimmungen anstanden. 2011 sei er immer dagewesen. Im übrigen sage Abwesenheit im Plenum nicht über “politische Präsenz„ aus, betonte er. Steinbrück hatte am 4. Oktober die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton AG mit einer Prüfung beauftragt. Das Ergebnis ist auf Steinbrücks Homepage veröffentlicht.

Die Grünen im Bundestag sowie die zivilgesellschaftlichen Organisationen Transparency und Abgeordnetenwatch forderten zuvor, dass der Ex-Finanzminister die Geldgeber seiner Nebeneinkünfte detailliert offenlegt.

Die Transparency-Vorsitzende Edda Müller sagte am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“, das Versteckspiel müsse ein Ende haben. Nur eine genaue Veröffentlichung der Auftraggeber könne die Gefahr von Befangenheit abwenden und die Unabhängigkeit von Abgeordneten sichern. Die hohe Zahl von Steinbrücks Vorträgen sei „erstaunlich, aber legitim“.

Zugleich betonte sie, das Mandat als Abgeordneter dürfe nicht unattraktiv werden. „Wir wollen keine Neiddebatte und keinen gläsernen Abgeordneten.“ Transparency fordere zum Beispiel ausdrücklich nicht die Offenlegung von Steuererklärungen und des Privatvermögens.

„Das hat schon ein Geschmäckle“

Gregor Hackmack, Mitgründer der Online-Plattform „Abgeordentenwatch.de“, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Wer 89 hoch bezahlte Reden hält und in der gleichen Zeit nur fünf Reden im Bundestag, hat sein Abgeordnetenmandat vernachlässigt.“ Es bestehe ein Missverhältnis, wenn Nebeneinkünfte wie im Fall Steinbrück ein Vielfaches der Abgeordnetendiäten ausmachten. „Man

Als problematisch sieht Hackmack insbesondere einen Vortrag bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer im Jahr 2011, da die Kanzlei zu Steinbrücks Zeiten als Bundesfinanzminister vom Finanzministerium damit beauftragt worden war, den Entwurf des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes auszuarbeiten. „Das hat schon ein Geschmäckle“, sagt Hackmack.

Grundsätzlich sollten die Abgeordneten nach seiner Meinung insgesamt ihre Nebeneinkünfte auf Euro und Cent veröffentlichen. Das neue Zehnstufenmodell, dass die schwarz-gelbe Koalition befürwortet, sei nicht ausreichend. „Ein Mann wie Ex-Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) kann nach dem Modell immer noch ein Drittel seiner Einkünfte hinter den Stufen verstecken“, sagte er.

Bislang müssen die Abgeordneten Einkünfte für jede einzelne Tätigkeit anzeigen, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat beziehungsweise 10.000 Euro im Jahr betragen. Die Angaben werden in Stufen veröffentlicht. Die erste Stufe erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, die zweite Stufe bis 7.000 Euro und die dritte Stufe über 7.000 Euro.

Nach dem Willen der Regierungskoalition aus Union und FDP soll es künftig zehn Stufen geben. Gleich bleiben sollen danach die ersten drei Stufen. Dann folgen Einkünfte bis 15.000, 30.000, 50.000, 75.000, 100.000, 150.000, 250.000 und über 250.000 Euro.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sagte der „Frankfurter Rundschau“, Steinbrücks Auflistung zeige, wie ungenau die bestehende Regelung zur Offenlegung von Nebeneinkünften sei. Dadurch könne man auch nicht einschätzen, ob Steinbrück einsam an der Spitze der Top-Verdiener im Bundestag stehe oder andere Abgeordnete.

Skepsis bei der SPD-Linken

Der Koordinator der Linken im SPD-Parteivorstand, Ralf Stegner, sieht die Höhe der Nebeneinkünfte von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritisch. „Es ist natürlich klar, dass auch die meisten Parteimitglieder eine solch hohe Summe immer skeptisch sehen werden“, sagte Stegner, der auch Fraktionschef in Schleswig-Holstein ist, der Zeitung „Die Welt“.

Insgesamt unterstützt Stegner den Kanzlerkandidaten: „Steinbrück hat sich an Recht und Gesetz gehalten.“ Zudem sei Steinbrück „keiner, der Leuten mit Geld nach dem Mund redet“.