FDP hat Kanzlerin zum Nachdenken gebracht. Krankenkassen zahlen Prämien

Berlin. Gesundheitsminister Daniel Bahr und seine FDP haben Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar zum Einlenken bewogen. Merkel, die an der Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal für die Krankenkassen festhalten wollte, rückt nun davon ab. Die Kanzlerin betrachte das Gesamtbild der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und denke intensiv über die Argumente nach, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Dem Nachdenken war in dieser Bundesregierung nie ein Riegel vorgeschoben."

Während die FDP angesichts neuer Rekordreserven der Kassen auf ein Aus für die Gebühr dringt, sprechen sich Fachpolitiker der Union strikt für die Beibehaltung aus - so auch Jens Spahn (CDU), der von einer "angemessenen Form der Selbstbeteiligung der Patienten" sprach. Im September hatte Merkels Sprecher Seibert noch gesagt, bei der ablehnenden Haltung Merkels gegenüber einer Abschaffung gebe es keine Veränderung.

Laut Schätzerkreis der Krankenversicherung werden sich bis Ende des Jahres im Gesundheitsfonds rund zwölf Milliarden Euro ansammeln. Die Krankenkassen verfügen zusätzlich über Reserven von rund 14 Milliarden Euro. Mindestens zwei Kassen wollen ab 2013 die Praxisgebühr zurückerstatten. Die Techniker Krankenkasse (TK) erklärte, sie zahle die Gebühr zurück, sofern der Versicherte an mindestens vier Vorsorgemaßnahmen im Jahr teilnehme. Den TK-Mitgliedern wird 2013 außerdem eine Prämie von 80 Euro ausgezahlt. Vorher hatte bereits die KKH-Allianz bekannt gegeben, die Praxisgebühr erstatten zu wollen.

"Mit dieser Dividende beteiligt unsere Selbstverwaltung die TK-Mitglieder an der guten Finanzsituation", sagte der Vorsitzende des TK-Vorstands, Jens Baas. Die Prämie erhält in voller Höhe, wer vom 1. Mai bis 31. Dezember 2013 zahlendes Mitglied ist. "Mit einer halben Milliarde Euro ist dies wohl die mit Abstand größte Beitragsrückerstattung, die es je bei einer Krankenkasse gegeben hat", erklärte Baas. Die per Scheck ausgezahlte Prämie bekommen nur Mitglieder, aber nicht beitragsfrei versicherte Familienangehörige.

Die ebenfalls in Hamburg beheimatete Hanseatische Krankenkasse (HEK) wird ihren Jahresüberschuss nach eigenen Angaben in nahezu voller Höhe an ihre 293 000 Mitglieder ausschütten. Der Verwaltungsrat beschloss eine Zahlung von 75 Euro am 1. Mai 2013. Kritik an den Prämien kam von der Barmer GEK, Deutschlands größte Kasse: "Davon halten wir sehr wenig, wir investieren in den Ausbau der Leistungen." Acht meist kleinere Kassen schütten bereits Prämien von 30 bis 72 Euro pro Jahr aus.