Wie die Öko-Partei und die FDP gemeinsam versuchen, bei der Energiewende gegen den umtriebigen Umweltminister Peter Altmaier zu punkten.

Berlin. Seit Peter Altmaier Bundesumweltminister ist, hat er viel weniger Zeit zum Twittern. Er finde das schade, hat der CDU-Politiker vor Kurzem zugegeben, aber es sei so viel zu tun, da komme er einfach nicht mehr so häufig dazu. Auch wenn es nur um140 Zeichen geht, die über den Internetnachrichtendienst an die Welt verschickt werden können.

Es ist ja auch ein Mammutprojekt, an dem Altmaier da arbeitet. Bis 2022 will sich Deutschland vom Atomzeitalter verabschieden. Der Umbau der Energiearchitektur, der Ausbau der Erneuerbaren und der Netze - all das will koordiniert und vorangetrieben werden. Altmaier gibt sich seit seinem Amtsantritt am 22. Mai Mühe, den Wählern zu zeigen, dass er es ist, der die Sache in die Hand nimmt. Bei seiner Sommertour durch Norddeutschland etwa besuchte er Windparks, eine Seehundstation und machte mit Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) einen Spaziergang durch das Watt. Altmaier inszeniert sich anders als sein Vorgänger Norbert Röttgen als jemand, der anpackt und vor Ort ist. Man könnte sagen, Altmaier ist als Bundesumweltminister das Schlimmste, was den Grünen passieren konnte.

Zwar ist die Öko-Partei schon wegen ihres Gründungsmythos diejenige, der die Deutschen am meisten Kompetenz in Energie- und Umweltfragen zutrauen; dass Altmaier ihr Leib-und-Magen-Thema aber medienwirksam abzuräumen scheint, lässt die Kritik der Grünen an einzelnen Maßnahmen immer öfter ungehört verpuffen. Die Bundesspitze der Partei ist dieser Tage zudem mit der kräftezehrenden Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 beschäftigt. Vielleicht liegt es also auch daran, dass jetzt Habeck und die vier anderen für Energiepolitik zuständigen grünen Landesminister gestern gemeinsam in Berlin auftraten, um ein Gesamtkonzept dafür vorzustellen, wie man Energiewende besser machen könnte. Besser als die schwarz-gelbe Bundesregierung - und besser als Peter Altmaier.

"Energiewende hoch fünf" lautet der Titel des gemeinsamen Papiers, das Habeck und seine Kollegen Franz Untersteller aus Baden-Württemberg, Eveline Lemke aus Rheinland-Pfalz, Joachim Lohse aus Bremen und Johannes Remmel aus Nordrhein-Westfalen präsentierten - nicht nur wegen der fünf Minister, sondern auch weil fünf Ziele darin definiert werden. Zum einen soll die Energieeffizienz gesteigert werden. Dies sei "die beste Antwort auf steigende Energiepreise", heißt es in dem Papier. Zudem müsse das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) "ausgerümpelt" werden, so Lemke. Dass energieintensive Großkonzerne von der EEG-Umlage befreit seien, dürfe künftig nur noch gelten, wenn diese wirklich einen Nachteil im internationalen Wettbewerb durch die Abgabe für den Ausbau der Erneuerbaren hätten. Es könne nicht sein, dass nur Privathaushalte und kleine und mittlere Unternehmen diese Last schultern müssten.

Die Ökostromförderung wollen die grünen Landesminister unbedingt erhalten. Zudem fordern sie vielfältigere und besser vernetzte Energie-Erzeugungsarten. Habeck, der als Einziger den Titel "Energiewendeminister" trägt, erklärte, der Netzausbau müsse stärker vorangetrieben werden. Bisher gehe es in dem Bereich "schleppend oder gar nicht" voran. Und schließlich geht es in dem Konzept um die "Sicherung des Wirtschaftsstandortes". Dafür bedürfe es mehr Forschung und Entwicklung und einer sicheren Investitionslandschaft.

"Wir sind die Macher und nicht die Bremser, wir sind dafür und nicht dagegen", befand Ministerin Lemke. In ihrer Rhetorik ist das Fünf-Punkte-Konzept auch ein argumentativer Gegenschlag gegen die Regierungskoalition, die sich regelmäßig über die Blockade der Länder im Bundesrat bei dem Gesetz zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung mokiert - und darüber, dass grüne Bürgermeister in ihren Dörfern gegen den Netzausbau protestieren. Die Bezeichnung "Dagegen-Partei", die einst CDU-General Hermann Gröhe erfunden hat, haben die Grünen immer noch nicht abgeschüttelt.

Nur zwei Stunden nach dem Auftritt der Grünen wollte die FDP ein ähnliches Statement loswerden. Generalsekretär Patrick Döring und der niedersächsische Umweltminister Stefan Birk ner setzten sich vor die Hauptstadtpresse, um ihr Konzept für eine EEG-Reform vorzustellen. Seit Wochen beharken sich die Liberalen erfolglos mit Altmaier, der das Gesetz vor der Bundestagswahl nicht verändern möchte. Nach dem Willen der FDP soll die Ökostromförderung aber schrittweise auslaufen. Als erster Schritt müsse jedoch kurzfristig die Stromsteuer gesenkt werden, um den für 2013 befürchteten Anstieg der EEG-Umlage auszugleichen. "Die Politik muss auf solche Entwicklungen reagieren", so Döring. Mittelfristig will die FDP das derzeitige System durch ein Mengenmodell ersetzen, das die Stromversorger verpflichtet, ihren Kunden einen festen Ökostrom-Anteil zu verkaufen.

Ob Grüne und FDP mit ihren Forderungen bei Altmaier Eindruck hinterlassen haben, bleibt offen. Reagiert hat der Umweltminister jedenfalls nicht - weder live noch über Twitter.