Nationalsozialistische Parolen sind nur strafbar, wenn sie in deutscher Sprache verwendet werden. Das entschied der Bundesgerichtshof .

Karlsruhe. Naziparolen sind künftig in der Regel nicht mehr strafbar, wenn sie in eine andere Sprache übersetzt sind. Das folgt aus einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Namen der in Deutschland verbotenen rechtsextremistischen Organisation „Blood & Honour“. Zwar handelt es sich dabei um die deutsche Übersetzung der Hitlerjugendparole „Blut und Ehre“ – ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, dessen Verwendung strafbar ist.

Allerdings haben Naziparolen nach dem Urteil vom Donnerstag nicht nur durch ihren Sinngehalt, sondern auch durch die deutsche Sprache ihre charakteristische Prägung erfahren. Deshalb stelle eine Übersetzung in eine andere Sprache eine „grundlegende Verfremdung“ dar, die nicht von der Strafvorschrift erfasst werde. (Az: 3 StR 228/09 vom 13. August 2009).

„Der Senat ist sich bewusst, dass mit dieser Entscheidung eine Spielwiese für rechtsextremistische Organisationen verbunden ist, NS-Parolen in andere Sprachen zu übersetzen“, sagte der Strafsenatsvorsitzende Jörg Peter Becker bei der Urteilsverkündung. Allerdings könne es das Strafrecht allein nicht schaffen, NS- Gedankengut aus dem öffentlichen Raum zu verbannen.

Damit hob das Karlsruher Gericht ein Urteil des Landgerichts Gera auf. Der Angeklagte war im September 2005 mit 100 T-Shirts mit der Aufschrift „Blood & Honour“ sowie weiteren rechtsextremen Aufdrucken erwischt worden und deshalb zu einer Geldstrafe von 4200 Euro wegen Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation verurteilt worden.

In der Neuauflage des Prozesses ist laut BGH aber dennoch eine Verurteilung möglich, weil der Angeklagte mit den T-Shirts möglicherweise die verbotene Organisation „Blood & Honour“ unterstützt hat. Zudem könnte der Schriftzug als verbotenes Symbol eingestuft werden, falls er ähnlich dem aus Runen zusammengesetzten Kürzel „SS“ grafisch gestaltet ist.

Grundsätzlich aber folgt aus dem Urteil, dass übersetzte Naziparolen künftig nur noch sehr eingeschränkt mit Strafe bedroht sind. Daran ändern nach den Worten von Becker auch die in Deutschland weit verbreiteten Englisch-Kenntnisse nichts. Wollte man Übersetzungen in geläufige Sprachen als strafwürdig einstufen, weil der Inhalt der Parolen weithin verstanden werde, „dann würden wir uns auf ein Hase-und-Igel-Spiel einlassen“ – weil die entsprechenden Gruppen dann auf weniger verbreitete Sprachen ausweichen würden. „Rechtsklarheit hätte man so nicht“, sagte der Richter.

Unterdessen ist die Berliner Polizei mit einer großen Aktion gegen die rechtsextremistische Organisation „Frontbann 24“ vorgegangen. Sie durchsuchte zusammen mit der Staatsanwaltschaft elf Wohnungen von mutmaßlich führenden Mitglieder der Gruppe wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, teilte ein Polizeisprecher mit. Der „Frontbann 24“ gilt als die am schnellsten wachsende Neonazi-Organisation in Berlin und hat sich nach einer 1924 gegründeten Vorläuferorganisation der national-sozialistischen Sturmabteilung „SA“ benannt. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) prüft seit dem Sommer ein Verbot der Organisation.

Die 50 bis 60 Mitglieder des „Frontbann 24“ treten in schwarzer uniformähnlicher Kleidung auf. Auf den Hemden ist rechts ein Reichsadler mit Lorbeerkranz eingestickt, links prangt der Schriftzug „Frontbann 24“, auf den beiden Kragenecken die Zahl 24. In den durchsuchten Wohnungen beschlagnahmte die Polizei Uniformstücke. Festnahmen habe es nicht gegeben.

Mehrere Auftritte in dieser Uniform bei Veranstaltungen in Berlin und Brandenburg in diesem Jahr seien der Grund für die Durchsuchungen gewesen, sagte der Sprecher. Das öffentliche Tragen dieser Kleidung werde als „Ausdruck einer gemeinsamen, den Nationalsozialismus glorifizierenden politischen Gesinnung“ gewertet.