Bundespräsident Horst Köhler hat die Deutschen zu neuem Zusammenhalt aufgefordert. Die Bürger müssten sich Solidarität, Menschenwürde und Freiheit versprechen, sagte Köhler beim Staatsakt zum 60-jährigen Bestehen der Bundesrepublik in Berlin.

Berlin. Bundespräsident Horst Köhler hat die Deutschen zu neuem Zusammenhalt aufgefordert. Die Bürger müssten sich Solidarität, Menschenwürde und Freiheit versprechen, sagte Köhler beim Staatsakt zum 60- jährigen Bestehen der Bundesrepublik in Berlin.

Bundespräsident Horst Köhler hat 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland als Erfolgsgeschichte gewürdigt und gleichzeitig einen gesellschaftlichen Kraftakt zur Bewältigung der derzeitigen Wirtschaftskrise gefordert. „Wir können stolz sein auf das Erreichte“, sagte er am Freitag bei einem Festakt zum Jahrestag der Staatsgründung und fügte hinzu: „Wir sind uns der neuen großen Herausforderungen bewusst. Wir stellen uns ihnen mit Selbstvertrauen.“

Köhler sprach vor 1400 prominenten Gästen im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Unter ihnen waren Bundeskanzlerin Angela Merkel, zahlreiche weitere Kabinettsmitglieder sowie die Altbundespräsidenten Walter Scheel, Richard von Weizsäcker und Roman Herzog.

Der Staatsakt fand einen Tag vor dem eigentlichen Jubiläum statt, um nicht mit der Bundespräsidentenwahl am Sonnabend im Reichstagsgebäude zu kollidieren. Köhler stellt sich dabei zur Wiederwahl.

Am 23. Mai 1949 war das Grundgesetz vom Parlamentarischen Rat nach neunmonatigen Beratungen feierlich verkündet werden. Damit war die Bundesrepublik gegründet.

Köhler nannte das Grundgesetz ein „Leuchtfeuer der Freiheit“ und forderte, die Verfassung auch als Ermutigung für die Zukunft zu begreifen. „Das Grundgesetz gibt uns Freiheit. Es lebt aber auch von unserer Verantwortung.“ Es komme auf jeden Einzelnen an. Den Menschen müsse die Gewissheit gegeben werden, dass sie gebraucht werden.

Der Geburtstag der Bundesrepublik finde zwar in schwierigen Zeiten statt, sagte der Bundespräsident. „Aber wir brauchen den Mut nicht sinken zu lassen. Wir können unsere Freiheit nutzen, um die Krise zu meistern.“

Köhler betonte, dass er zwei große Chancen in der Krise sehe. „Wir brauchen eine neue, ökologische industrielle Revolution – überall auf der Welt“, sagte er. Deutschland habe mit seinen Wissenschaftlern, Ingenieuren und Facharbeiten die besten Voraussetzungen „an einem weltweiten Wirtschaftswunder der Nachhaltigkeit“ mitzuarbeiten.

Zudem sollte die Krise auch die Augen für die Leistungen der Menschen öffnen, die sich um Kinder und Alte kümmerten. „Lassen Sie uns Erfüllung und Zufriedenheit auch daran messen, wie viel Mitmenschlichkeit, wie viel Zuwendung, wie viel Zusammenhalt es in unserer Gesellschaft gibt“, sagte er. „Ein rein materielles ’Immer mehr’ reicht nicht.“

Köhler beklagte, dass die Bildungschancen von Kindern immer noch zu stark vom Geldbeutel der Eltern abhingen und die Arbeitslosigkeit im Osten immer noch höher sei als im Westen. „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die Teilung unseres Landes in der Arbeitslosenstatistik fortbesteht.“

Köhler sagte: „Mit der Einheit ist es wie mit der Demokratie: Sie ist nie fertig.“ Sie müsse gelebt und erprobt werden. „Wie wäre es, wenn wir das Versprechen von vor 60 Jahren heute erneuern würden?“ Es müsse an der Einheit zwischen Alt und Jung, Menschen mit und ohne Behinderung, Einheimischen und Zugewanderten, Arm und Reich gearbeitet werden. „Wir wollen eine Gesellschaft sein, die nicht wegschaut, wenn Menschen in Not sind, und die keinen zurücklässt. „