Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs ist eine bezahlte Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden eine gewerbliche Nutzung und kein privater Gebrauch.

Karlsruhe. Tagesmütter brauchen eine Erlaubnis, wenn sie Kinder in ihrer Wohnung betreuen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag entschieden. Nach dem Urteil ist eine bezahlte Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden eine gewerbliche Nutzung und kein bloßer privater Gebrauch.

Ob der Verwalter oder Vermieter die Genehmigung mit dem Argument verweigern darf, die Kinder seien zu laut, ließ der BGH allerdings aus prozessualen Gründen offen. Dazu sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Krüger in der Urteilsverkündung: „Die Erwartungen sind hoch, aber wir können sie nicht erfüllen.“

Der Fünfte Zivilsenat erklärte aber allgemein, dass die neuen gesetzlichen Vorschriften zu beachten seien, wonach Kinderlärm nicht wie früher mit Straßenlärm gleichgesetzt werden darf. Auf der anderen Seite komme es aber auch auf die konkreten Gegebenheiten einer Wohnung an. Möglicherweise könne der Vermieter oder Verwalter auch Auflagen zur Nutzung erteilen, meinten die Richter.

Im konkreten Streit geht es um eine Wohnungseigentümer-Anlage in Köln. Die Vermieterin und viele Hausbewohner sind mit der Betreuung der fünf Kinder auch einverstanden – nicht jedoch die Eigentümer in der darunter liegenden Parterrewohnung. Nur wegen des Protests dieser einen Familie hatte der Verwalter die Tätigkeit der Tagesmutter untersagt. Die Gemeinschaft der Eigentümer hätte diesen Beschluss anfechten müssen, doch kam das erforderliche Drei-Viertel-Quorum nicht zustande. Damit wurde das Verbot formal gültig.

Prozess muss neu geführt werden

Die Eigentümerin, die der Tagesmutter die Wohnung vermietet hat, hätte diesen Beschluss des Verwalters gerichtlich anfechten müssen, was sie jedoch versäumte. Das hinderte den BGH jetzt an der Entscheidung, ob Kinderlärm ein Verbotsgrund ist. Der Prozess muss also neu geführt werden. Zunächst gilt aber das Verbot des Verwalters.

Für das künftige Vorgehen gab der Vorsitzende Richter Krüger den Streitparteien eine Anleitung mit auf den Weg. Die Vermieterin, die mit der Tätigkeit der Tagesmutter einverstanden ist, müsse sich zunächst um eine Zustimmung zu dieser gewerblichen Nutzung bemühen. Einen entsprechenden Antrag könne sie beim Verwalter oder den Wohnungseigentümern stellen. Auf dieser Grundlage müsse dann die Entscheidung über die Genehmigung gefällt werden. Wenn dieser Beschluss – von welcher Seite auch immer – angefochten werde, „dann sehen wir uns hier wieder“, sagte der Vorsitzende.

Städtetag warnt vor hohen rechtlichen Hürden

Der Deutsche Städtetag wies darauf hin, dass Tagesmütter und Tagesväter unentbehrlich für die Betreuung von Kleinkindern seien. Verbandspräsident Christian Ude sagte: „Ohne sie ist der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz nicht zu erfüllen.“ Dem Ausbau der Kinderbetreuung dürften keine hohen Hürden im Wege stehen, warnte er.

Die für Lärmschutz zuständige Berichterstatterin der FDP-Bundestagsfraktion, Judith Skudelny, bedauerte, dass der BGH keine Grundsatzentscheidung getroffen habe. Auch sie betonte, dass nach neuer Rechtslage Kinderlärm keine „schädliche Umwelteinwirkung“ mehr darstellt. „Er ist vielmehr Ausdruck der kindlichen Entwicklung und steht somit unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft“, erklärte sie.

( dapd )