Ulla Schmidt saß 2009 eine Dienstwagenaffäre aus. Seit der Bundestagswahl ist es still um die SPD-Politikerin geworden.

Berlin. Am Ende der Großen Koalition, als Ulla Schmidt noch Bundesgesundheitsministerin war und Karl-Theodor zu Guttenberg Bundeswirtschaftsminister, hat Guttenberg seine Reden gerne mit der Bemerkung eingeleitet, dass er fast zu spät gekommen wäre. "Ich habe nämlich", hat er dann nach einer effektvollen Kunstpause gesagt, "Probleme gehabt, meinen Dienstwagen zu finden." Und dann haben die Zuhörer im Saal immer gebrüllt vor Lachen. Das war im Bundestagswahlkampf 2009.

"Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen", möchte man mit Blick auf Guttenberg sagen, denn den hat es ja inzwischen selbst von der politischen Bühne gefegt.

Um Ulla Schmidt, die in jenen späten Sommertagen noch verzweifelt um ihr Amt rang - erst mit dem kiebigen Hinweis, der Dienstwagen stehe ihr zu, dann mit dem Versprechen, Urlaub und dienstliche Termine künftig "strikt" zu trennen -, ist es seitdem still geworden. Die SPD-Politikerin ist übrigens nie zurückgetreten, sie hat ihre Dienstwagenaffäre einfach bis zum Wahltag ausgesessen und ist seitdem einfache Bundestagsabgeordnete. Eine Hinterbänklerin, die nun im "Ausschuss für Kultur und Medien" sitzt und im Unterausschuss "Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik" des Auswärtigen Ausschusses. Da muss sie sich jetzt mit Guido Westerwelle anlegen, wenn es um den Etat des Goethe-Instituts geht.

Rückblick. Mit der zunächst für harmlos erachteten Meldung, Ulla Schmidt sei ihr Dienstwagen, ein Mercedes S 420 CDI, in Spanien gestohlen worden, tat sich am 25. Juli 2009 ein Sommertheater erster Güte auf. Erst dadurch erfuhren die Wähler, dass es seit Jahren Schmidts Gewohnheit war, im Urlaub das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, das heißt, während dieses Urlaubs ein paar Diensttermine einzustreuen und die Fahrt dann als Dienstfahrt zu deklarieren. Als man erfuhr, wie diese Termine aussahen - unter anderem gab die Ministerin an, ein deutsches Seniorenheim in Valencia besucht zu haben -, wurde der Diebstahl des schmidtschen Dienstwagens zur Dienstwagenaffäre. Zumal sich schnell herausstellte, dass Ulla Schmidt das einzige Kabinettsmitglied ohne durchgängigen Personenschutz war, das mit dem Dienstwagen in die Ferien gefahren war.

Dass Schmidt in Spanien bockig verkündete, der Wagen stünde ihr schon aus Sicherheitsgründen jederzeit zur Verfügung, machte die Sache nicht besser. Auch nicht, dass Ministeriumssprecher mitteilten, in dem Mercedes habe sich eine von Schmidt dringend benötigte "Büromindestausstattung" befunden. Fünf Tage lang hielt Schmidt noch in Spanien durch, dann kam sie zurück. Eisern lächelnd erklärte sie in Berlin, als Politikerin sei sie es gewöhnt, in der Öffentlichkeit zu stehen, und als solche sei sie auch in der Lage, sich zur Wehr zu setzen.

"Nicht akzeptabel" sei allerdings der Umgang mit ihren Mitarbeitern, die in den zurückliegenden Tagen mit "üblen Verdächtigungen und Ehrabschneidung" konfrontiert worden seien. Das zielte auf Berichte, die eine mögliche Fahrlässigkeit von Schmidts Fahrer thematisiert hatten, und auf die vielen Fotografen, die das Team der Ministerin am Flughafen einem Blitzlichtgewitter unterzogen hatten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier Ulla Schmidt allerdings bereits aus seinem Schattenkabinett aussortiert, und im Willy-Brandt-Haus ging die Angst um, die Dienstwagenaffäre könnte den Sozialdemokraten die Bundestagswahl ruinieren.

Der Rest ist Geschichte. Der Bundesrechnungshof teilte Anfang August 2009 mit, die Ministerin habe ihren Dienstwagen samt Fahrer in diesem Sommer "im Rahmen der einschlägigen Vorschriften" genutzt, dem Bundeshaushalt sei kein Schaden entstanden. Allerdings hatte Ulla Schmidt zuvor eine Abrechnung eingereicht, in der sie von den insgesamt 5000 Kilometern nach Alicante und zurück nur noch ganze 72 Kilometer dienstlich geltend gemacht hatte. Immerhin wurde sie wieder in Steinmeiers "Kompetenzteam" aufgenommen, aber die meisten Wahlkampfauftritte wurden gestrichen.

Ulla Schmidt ist übrigens nicht die Erste gewesen, die mit ihrem Dienstwagen ins Schleudern kam. Beinahe 20 Jahre zuvor hatte sich Hans Süssmuth ungeniert im Dienstwagen seiner Frau, der Bundestagspräsidentin, herumkutschieren lassen. Und im September 2009 geriet Hamburgs damaliger Innensenator Christoph Ahlhaus in Schwierigkeiten. Der CDU-Politiker, hieß es, habe seinen Dienstwagen nach Paris kommen lassen, um sich dort mit seiner Frau Simone herumfahren zu lassen. Ahlhaus überstand die Affäre, aber die Hamburger Dienstwagenregelung wurde danach geändert.