Versicherte sollen sich gegenüber Krankenkassen erklären

Berlin. In die Bemühungen um mehr Organspenden in Deutschland kommt Bewegung. Das Bundesgesundheitsministerium strebt an, eine gesetzliche Regelung bis zum kommenden Frühjahr unter Dach und Fach zu haben. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte in Berlin einen entsprechenden Bericht der "Frankfurter Rundschau". Um mehr Menschen als bisher nach ihrem Tod als Organspender zu gewinnen, will Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) alle Krankenversicherten nach ihrer Spendenbereitschaft befragen lassen. "Jeder soll zumindest einmal im Leben mit dieser Frage konfrontiert werden", sagte die Sprecherin. Jeder sei in seiner Entscheidung aber frei.

Nach den Plänen sollen die gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichtet werden, alle Versicherten, die älter als 16 Jahre sind, bei der bevorstehenden Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte über die Organspende zu informieren und zu einer Erklärung über die Spendenbereitschaft aufzufordern. Die Privatkassen, die sich an der Gesundheitskarte nicht beteiligen, sollen ihre Versicherten ebenfalls befragen. Das sieht ein Vorschlag des Ministers für eine Änderung des Transplantationsgesetzes vor. Von rund 12 000 Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, sterben jährlich etwa 3000.

"Mit den vorgeschlagenen Regelungen soll der bestehende Abstand zwischen der hohen Organspendebereitschaft in der Bevölkerung (75 Prozent) und dem tatsächlich dokumentierten Willen zur Organspende (25 Prozent) verringert werden, ohne die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen durch eine Erklärungspflicht einzuschränken", heißt es im Entwurf einer sogenannten Formulierungshilfe für die Gesetzesänderung. Nach Darstellung des Gesundheitsministeriums könnte die Bereitschaft zur Organspende auch auf der Elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Dies sei nur eine Option, sagte die Sprecherin. Klar sei aber, dass Privatkassen davon unabhängig ihre Versicherten über einen Organspenderausweis informieren müssten.

Bei den gesetzlichen Krankenkassen stießen die Überlegungen Bahrs auf grundsätzliche Zustimmung. Man werde die rund 70 Millionen Versicherten wie gewünscht über die Möglichkeiten der Organspende informieren, zum Beispiel auch über Mitgliederzeitschriften, sagte der Sprecher des Kassen-Spitzenverbandes, Florian Lanz. Da kommende Woche die Ausgabe der ersten Elektronischen Gesundheitskarten beginne, ließen sich auf diesem Wege aber nicht alle Versicherten erreichen, gab Lanz zu bedenken. Bislang war überlegt worden, bei einer Neuregelung der Organspende das Gespräch mit den Bürgern bei der Ausgabe des Führerscheins oder des Personalausweises zu suchen.

Auch der Bundesrat hatte sich am Freitag für eine sogenannte Erklärungslösung bei Organspenden ausgesprochen. In der Stellungnahme der Länderkammer heißt es, die Bürger sollten über Organspenden informiert werden und sich in einer persönlichen Erklärung festlegen, ob sie ein Organ spenden wollen oder nicht. Bahr hatte angekündigt, im Oktober einen Gesetzentwurf im Oktober in den Bundestag einzubringen. Dort wird fraktionsübergreifend über das Thema beraten. Die Fraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder und Frank-Walter Steinmeier, werben derzeit ebenfalls dafür, Bürger stärker zu einer Entscheidung zu bewegen. Steinmeier hatte seiner Frau eine Niere gespendet.

Im deutschen Transplantationsgesetz ist seit 1997 die sogenannte erweiterte Zustimmungslösung verankert. Nach dem Hirntod eines Patienten dürfen dessen Organe nur entnommen werden, wenn der Verstorbene vor seinem Tod seine Zustimmung gegeben hat oder seine Angehörigen in eine Transplantation einwilligen.