Laut den Ermittlern wollten die mutmaßlichen Terroristen einen Sprengsatz mit Metallteilen bauen, um möglichst viele Menschen zu töten.

Karlsruhe/Berlin. Gegen einen der drei am Freitag unter Terrorverdacht festgenommenen Männer ist Haftbefehl erlassen worden. Er sei gegen den Hauptbeschuldigten wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Planung eines Anschlages in Deutschland ergangen, sagte Bundesanwalt Rainer Griesbaum am Samstag in Karlsruhe.

Bei dem Hauptbeschuldigten handelt es sich den Angaben zufolge um einen 29-jährigen Marokkaner, der den Ermittlungen zufolge in einem Ausbildungslager der Extremistenorganisation Al-Kaida in Waziristan gewesen sein soll. Nach der Ausbildung sei er zur Durchführung eines Attentats nach Deutschland zurückgekehrt, teilte Griesbaum mit. Die beiden anderen Festgenommenen seien ein 31-jähriger Deutsch-Marokkaner, der als Elektriker gearbeitet habe, und ein 19-jähriger Deutsch-Iraner, der kurz vor dem Abitur gestanden habe. Der Marokkaner habe ein Netzwerk in Deutschland aufgebaut. Ein vierte Person sei noch nicht identifiziert.

BKA-Chef Jörg Ziercke schätzt, dass die Zelle sieben bis acht Personen umfasst. Es könnten jedoch auch mehr sein, sagte er. Dies würden die Ermittlungen ergeben. Man sei sich bewusst, dass die Festnahmen die weiteren Ermittlungen erschwert hätten. Aber nach den gesammelten Umständen und Informationen habe man sich aus Sicherheitsgründen für die Festnahmen entschlossen. Ob bei den Durchsuchungen in Düsseldorf, Bochum und Essen Sprengstoff gefunden worden sei, sei noch nicht bekannt. Eine Entwarnung für die deutsche Sicherheitslage könne nicht gegeben werden.

Die am Freitag festgenommenen drei mutmaßlichen Mitglieder des Terrornetzwerks al-Qaida haben nach den Erkenntnissen der Ermittler bereits konkret einen Sprengstoffanschlag in Deutschland vorbereitet. Ein genaues Anschlagsziel habe es aber noch nicht gegeben, teilte der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum am Samstag in Karlsruhe fest. Die Festgenommenen seien „noch in der Experimentierphase“ gewesen. Sie hätten geplant, einen mit Metallteilen versetzten Sprengsatz in einer größeren Menschenmenge zur Explosion zu bringen.

Sie hätten sich konkret mit dem Bombenbau beschäftigt und angefangen, damit zu experimentieren, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, am Samstag in Karlsruhe. Zuvor hätten die drei repräsentative Gebäude besichtigt und im Internet Anleitungen zum Bombenbau heruntergeladen. „Wir haben aber keine Anhaltspunkte dafür, dass einer der Täter sich als Suizidattentäter einsetzen lassen wollte“, sagte Ziercke.

Laut Griesbaum belegen aktuelle Erkenntnisse der Ermittler, dass Al-Qaida in Deutschland Anschläge plant. Einer der drei Beschuldigten habe 2010 von einem hochrangigen Mitglied der Terrororganisation den Auftrag für einen Anschlag in Deutschland erhalten.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, berichtete, der Hauptbeschuldigte habe sich seit November 2010 illegal in Deutschland aufgehalten, um die Vorbereitungen für ein Attentat zu treffen. Es habe Verbindungen nach Österreich, Marokko und in das Kosovo gegeben. Der Anschlag in Marrakesch am Donnerstag mit 16 Toten hätte ein stimulierendes Ereignis für die Festgenommenen sein können. Ein mögliches Ziel für einen Anschlag hätten Veranstaltungen im Großraum Düsseldorf sein können.

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Al-Qaida plante Anschlag auf Nahverkehr in deutscher Stadt

Sie hatten Sprengstoff und planten wohl einen Anschlag in Deutschland - Beamte des Bundeskriminalamts haben am Freitag in Nordrhein-Westfalen drei mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks al-Qaida festgenommen. Wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, wurde damit "eine konkrete und bevorstehende Gefahr durch den internationalen Terrorismus" abgewendet. Gegen die drei wurde bereits seit Monaten ermittelt. Ausgangspunkt für das "jetzt kurzfristig eingeleitete Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft ist ein seit über sieben Monaten beim Bundeskriminalamt wahrgenommener Vorgang", sagte Friedrich. Die Ermittlungen hätten "Bezüge" zur Terrorwarnung, die der damalige Innenminister Thomas de Maizière im November 2010 aussprach.

"Ziel war aber der öffentliche Nahverkehr in einer Großstadt", sagte ein hochrangiger Ermittler der "Welt". Darauf würden einerseits größere Mengen sichergestellter Sprengmittel und Chemikalien in einem Wohngebiet hindeuten als auch abgehörte Gespräche von Handys sowie Internetverbindungsdaten von Computern der Verdächtigen.

Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, handelt es sich bei den Festgenommenen um marokkanischstämmige junge Männer aus Nordrhein-Westfalen, bei denen größere Mengen Sprengmittel sichergestellt worden seien, darunter Azeton. Nach einem Bericht der "Rheinischen Post" hätten sie bereits Sprengstoff zu Testzwecken gezündet, nach anderen Berichten hätten sie den für Freitag geplanten Test verschoben und seien darauf festgenommen worden. Der Vorfall zeige, dass Deutschland "nach wie vor im Fadenkreuz internationaler Terroristen" stehe, betonte Friedrich. Es gelte, "auch weiterhin wachsam zu bleiben".

Friedrich wies auf die "enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundeskriminalamts mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, der Länderpolizei und den ausländischen Partnerbehörden" bei der Festnahme hin. Weitere Einzelheiten sollen am Sonnabend auf einer Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft bekannt gegeben werden, an der auch BKA-Präsident Jörg Ziercke teilnehmen wird. Nach SWR-Informationen soll einer der Männer bei seiner Festnahme einen BKA-Beamten mit einem Messer angegriffen haben. Alle drei hätten mit der Führungsebene des Terrornetzwerks al-Qaida Kontakt gehabt.

Laut ZDF hätten die Ermittler zugegriffen, bevor die mutmaßlichen Attentäter mit dem Bau einer Bombe beginnen konnten. Einer der Anführer soll in einem Terrorcamp im Ausland ausgebildet worden sein. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung kam das BKA den Verdächtigen durch Überwachung ihrer Handys und Computer auf die Spur. Zwei der Männer seien in der Nacht zum Freitag in Düsseldorf festgenommen worden, der dritte in Bochum. Bei dem Trio handele es sich um Abdeladim K. und Jamil S. aus Düsseldorf sowie um Ahmed Sh. aus Bochum.

Der Vorgang hatte beim Bundeskriminalamt den Decknamen "Komet". Bei der Observation habe die Polizei bemerkt, dass die drei Männer versuchten, mithilfe von Chemikalien Bomben zu bauen. Damit ähnele der Vorgang im Ablauf der Überwachung der sogenannten Sauerlandgruppe, die 2007 bei dem Versuch festgenommen worden war, Sprengstoff herzustellen. Im aktuellen Fall soll es allerdings um wesentlich kleinere Sprengstoffmengen gegangen sein, berichtet der SWR.

Nach Abendblatt-Informationen löste die Bekanntgabe, man habe mögliche Al-Qaida-Mitglieder festgenommen, in Kreisen von Terrorfahndern Verwunderung aus. Sollten sich die ersten Erklärungen bewahrheiten, wäre den Fahndern wohl ein großer Fang gelungen. Bisher in Deutschland bekannt gewordene Terrorverdächtige gehörten zwar meist Terrorgruppen an, die sich in ihrer Strategie und Ideologie an al-Qaida orientierten, beispielsweise die Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) oder die Islamische Dschihad Union (IJU). Es handelte sich dabei aber nicht um Mitglieder der Kern-al-Qaida. Im vergangenen Jahr hatten allerdings die aus Deutschland ausgereisten und im Ausland festgenommenen Dschihadisten Rami M. und Ahmad Siddiqui vor Al-Qaida-Attentatsplänen in der Bundesrepublik gewarnt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) gratulierte dem Bundeskriminalamt zu dem offensichtlichen Ermittlungserfolg. GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte: "Wir sind erleichtert darüber, dass offenbar eine geplante Tat und damit möglicherweise Tote und Verletzte verhindert werden konnten. Das zeigt, dass die Gefährdungslage nach wie vor sehr hoch ist und die Ermittlungsbehörden personell und technisch gut aufgestellt sein müssen."