Mappus gestürzt. Winfried Kretschmann kann erster grüner Ministerpräsident werden

Stuttgart/Berlin. Triumph für die Grünen, Fiasko für Schwarz-Gelb: Die Landtagswahl in Baden-Württemberg ist zur Volksabstimmung über die Atomenergie geworden. Die Grünen konnten ihr Ergebnis verdoppeln und sogar die SPD überholen. Mit ihrem Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann wollen sie jetzt erstmals einen Ministerpräsidenten stellen.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erhielt die CDU von Ministerpräsident Stefan Mappus 39 Prozent der Stimmen - 5,2 Punkte weniger als bei der Landtagswahl 2006 (44,2 Prozent). Zweitstärkste Partei wurden mit 24,2 Prozent die Grünen, die sich gegenüber 2006 um 12,5 Prozentpunkte verbesserten. Die SPD kam auf 23,1 Prozent der Stimmen (minus 2,1) Die FDP schaffte mit 5,3 Prozent nur knapp den Einzug in den Landtag und verlor mehr als die Hälfte der Stimmen.

Dennoch wurde der Wahlabend zur Zitterpartie: Wegen des komplizierten Wahlrechts war es lange unsicher, ob es tatsächlich im Landtag auch eine grün-rote Mehrheit an Mandaten geben wird. Am Ende konnten Grüne und SPD jubeln. Sie erhalten 71 Sitze - vier mehr als Schwarz-Gelb und einen mehr als die absolute Mehrheit im Parlament.

Klarer war die Lage bei der Wahl in Rheinland-Pfalz. Hier konnten die Grünen ihr Ergebnis fast verdreifachen. Der bisher allein regierende Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der mit seiner Partei stark einbrach, ist jetzt auf eine Koalition mit den Grünen angewiesen. Die FDP flog aus dem Landtag. Die CDU mit ihrer Spitzenkandidatin Julia Klöckner erzielte ein Achtungsergebnis und legte leicht zu. In beiden Ländern kam die Linke nicht in die Parlamente.

Das Wahlergebnis in Baden-Württemberg bedeutet auch für die schwarz-gelbe Bundesregierung einen weiteren schweren Rückschlag. Nach fast 58 Jahren steht das CDU-Stammland jetzt vor einem Machtwechsel. Mappus gratulierte Grünen und SPD zum Wahlsieg und kündigte für heute einen "personellen Neuanfang" an.

Auf ihrer Wahlparty in Stuttgart feierten die Grünen ihren Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann. "Wir haben die historische Wende geschafft!", rief der 62-Jährige seinen jubelnden Anhängern zu. Die Atomkatastrophe in Japan habe zum Umdenken von Millionen Deutschen geführt. Die Grünen seien für ihren kompromisslosen Kampf gegen die Atomenergie belohnt worden. SPD und Grüne wollen jetzt beim umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 eine Volksabstimmung organisieren. Im Stuttgarter Schlosspark feierten Tausende das Ende der "Schreckensherrschaft von Mappus", so die "Parkschützer".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trat gestern Abend nicht vor die Kameras. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einem "sehr schmerzhaften" Ergebnis. Ganz offensichtlich hätten die Ereignisse in Japan alle anderen Themen des Wahlkampfs überlagert. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, das Wahlergebnis sei ein klares Votum gegen die Atomenergie gewesen. Darüber müsse man in Berlin reden. "Wir haben verstanden." Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki gab Bundestags-Fraktionschefin Birgit Homburger eine Mitschuld am FDP-Debakel. "Die Bundestagsfraktion sollte intensiv darüber nachdenken, sich eine neue Führung zu geben."