Manuela Schwesig und Ursula von der Leyen waren die Stars im Hartz-IV-Poker. Die Länderchefs haben sie degradiert. Für beide ist das bitter.

Berlin. Mona Lisa lächelt wieder. Natürlich ist es gut, dass die Ministerpräsidenten jetzt in die Hartz-IV-Verhandlungen eingreifen, sagt Ursula von der Leyen im Fernsehen. Es sei wichtig, die Länderkammer zu beteiligen. Und die CDU-Politikerin lächelt. Genau das Lächeln, das ihr einmal den Spitznamen "Mona Lisa" eingebracht hat.

Manuela Schwesig sieht das ganz genau so. Sie sei dem rheinland-pfälzischen SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck "unheimlich dankbar" für seine Initiative, die Verhandlungen jetzt in die Hand zu nehmen. Diese Einmütigkeit bei den beiden Frauen kennt man so nicht. Im Gegenteil: In den letzten Wochen haben sie sich als die großen Gegnerinnen in den Hartz-IV-Verhandlungen inszeniert: die CDU-Ministerin gegen die sozialdemokratische Verhandlungsführerin. Mit so harten Fronten, dass eine Einigung unmöglich war. Jetzt wurden sie von den Länderchefs degradiert - auch wenn keine das jemals zugeben würde.

Hart ist das für beide. Für Ursula von der Leyen, weil sie es gewohnt ist, zu gewinnen. Kaum ein Projekt, das die 52-Jährige in den letzten Jahren anpackte, misslang ihr. Elterngeld und Krippenausbau, einzig beim Sperren von Internetseiten musste sie klein bei geben. Damals stand ihr eine breite Masse an Bürgerrechtlern, Juristen und Internet-Engagierten gegenüber. Jetzt ist es Manuela Schwesig.

Auf der bundespolitischen Bildfläche erschien die heute 36-Jährige zum ersten Mal, als der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sein Schattenkabinett für den Wahlkampf 2009 präsentierte. Ganz vorne und sichtbar für alle ging Schwesig neben ihm durch einen Hotelpark in Potsdam. Sandfarbener Hosenanzug, die Juli-Sonne im blonden Haar. Sie hätte das Familienministerium übernehmen sollen. Schon da galt sie als sozialdemokratischer Kontrapunkt zur damaligen Amtsinhaberin von der Leyen.

Mit ihrer Jugendlichkeit und ihren Lachfältchen in den Augenwinkeln hat Manuela Schwesig etwas mädchenhaft Weiches an sich. Ganz anders als Ursula von der Leyen, die trotz ihres Images als Supermutter der Nation eine gewisse Härte nie ablegen konnte. Von der Leyen ist knallharter Polit-Profi, der Erfolge wie Niederlagen mit einem eisernen Lächeln verkaufen oder zerreden kann. "Mein Bildungspaket", sagt sie, wenn sie von den Leistungen spricht, die benachteiligte Kinder mit der Hartz-IV-Reform bekommen sollen - und bei denen die Opposition in den Verhandlungen bislang am meisten Einfluss geltend machen konnte.

Vielleicht hatte von der Leyen gedacht, dass es nicht schwer werden würde, gegen eine Anfängerin wie Schwesig zu bestehen. Unmittelbar nachdem der Bundesrat die Hartz-Reform im Dezember blockierte, beschwor sie mit unerschütterlichem Optimismus, dass man sich so schnell wie möglich einigen würde. Selbst gebackene Kekse brachte von der Leyen zur ersten Sitzung des Vermittlungsausschusses mit. Jeder Teilnehmer bekam exakt drei Stück auf seinen Platz gelegt. "Typische Kinderkekse mit viel Butter, viel Zucker, viel Mehl", hatte von der Leyen erklärt. Verlieren, das war ganz weit weg für sie. Mit einem Makel in ihrer fast sauberen Bilanz hatte sie nicht gerechnet.

Manuela Schwesig wiederum konnte als Verhandlungsführerin die Chance ergreifen, die ihr nach der Bundestagswahl verwehrt geblieben ist: Politik machen auf großer Bühne. Bis vor Kurzem sah das nach einem Karrierekick aus. Jetzt weiß jeder, wer die blonde Frau ist, die bisher noch die unbekannteste Stellvertreterin von Parteichef Sigmar Gabriel war. Schon während der Verhandlungen hatte man auf Koalitionsseite beizeiten jedoch den Eindruck geäußert, dass das Projekt Hartz vielleicht eine Nummer zu groß für die SPD-Frau sein könnte. Was da Sticheleien der Konkurrenz waren, kann heute zu einem veritablen Vorwurf umgemünzt werden - auch wenn klar ist, dass sie das Scheitern nicht allein verursacht hat. Beladen mit einem Rucksack an Maximalforderungen musste sie in die Schlacht ziehen - dabei gegen von der Leyen kämpfen zu müssen, machte die Sache umso schwerer.

Die Ministerpräsidenten haben die Gunst der Stunde erkannt: Kurt Beck will im März wiedergewählt werden. Der aus dem Amt scheidende Wolfgang Böhmer (CDU) aus Sachsen-Anhalt hofft auf einen Erfolg für seine Partei. Wenn die Verhandlungen jetzt schnell gehen, können sie das als Plus für sich verbuchen. Von der Leyen und Schwesig aber ist passiert, was sie tunlichst vermeiden wollten: Sie haben verloren.