Die SPD warnt Verteidigungsminister zu Guttenberg vor Vertuschung. Die Mutter der verunglückten Kadettin erhebt derweil schwere Vorwürfe.

Hamburg/Berlin. Die Berichte über eine Meuterei auf dem deutschen Segelschulschiff "Gorch Fock", aber auch der ungeklärte Unfalltod eines Soldaten in Afghanistan und die Affäre um geöffnete Feldpost-Briefe setzen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zunehmend unter Druck. Die SPD warnte den CSU-Politiker gestern vor "Vertuschungen" und warf ihm vor, sein Haus nicht im Griff zu haben. "Wenn wir im Verteidigungsausschuss wieder eine Aussage bekommen, die nach Tarnen und Täuschen riecht, werden wir nicht lockerlassen", sagte Susanne Kastner (SPD), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, dem Abendblatt.

Ihre Partei will Guttenberg wegen der Vorgänge bei der Bundeswehr am kommenden Mittwoch vor den Verteidigungsausschuss zitieren. Der Minister selbst forderte gestern ebenfalls eine "rückhaltlose Aufklärung" der Vorgänge auf der "Gorch Fock", wandte sich aber gegen Vorverurteilungen. "Sollten die Vorwürfe allerdings zutreffen, wird das Konsequenzen nach sich ziehen", sagte Guttenberg.

Auf dem Segelschulschiff der Marine war es nach dem Unfalltod der Offiziersanwärterin Sarah Lena S., 25, im November zu schweren Konflikten zwischen Kadetten und Stammcrew gekommen. Die junge Frau war aus der Takelage auf das Deck gestürzt. Wie aus einem Brief des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) hervorgeht, wollten einige Kadetten nicht einfach zum Tagesbetrieb übergehen und verweigerten das Aufentern. Dies brachte ihnen den Vorwurf der Meuterei ein.

Am Mittwoch war zudem bekannt geworden, dass ein in Afghanistan getöteter deutscher Soldat nicht wie von der Bundeswehr bisher dargestellt beim Waffenreinigen starb, sondern versehentlich vom Schuss eines Kameraden getötet wurde. Zudem laufen die Prüfungen zu geöffneten Feldpost-Briefen aus dem Einsatz in Afghanistan weiter. SPD-Chef Sigmar Gabriel nahm den Verteidigungsminister vor diesem Hintergrund in die Pflicht: "Ich erwarte, dass Verteidigungsminister zu Guttenberg sämtliche Vorfälle rückhaltlos aufklärt", sagte er dem Abendblatt.

Die Marineführung zog gestern erste Konsequenzen aus der Affäre um die "Gorch Fock". Sie beorderte das Segelschulschiff zurück in den Hafen von Ushuaia in Argentinien. Dort soll eine Gruppe von Ermittlern an Bord gehen. Sie wird auch den Vorwürfen nachgehen müssen, die Stammbesatzung habe Offiziersanwärter bedroht und sexuell belästigt. An Bord des Schiffes befindet sich derzeit die Stammcrew unter Kapitän Norbert Schatz. Die Ausbildung war nach dem tödlichen Sturz ausgesetzt worden.

Die Mutter der tödlich verunglückten Kadettin machte der Bundeswehr unterdessen schwere Vorwürfe. "Meine Tochter fällt da nicht einfach runter", sagte sie der "Deister- und Weserzeitung". Die Offiziersanwärter seien vermutlich übermüdet und unter Zeitdruck in die Takelage geschickt worden. Spekulationen, die verunglückte Offiziersanwärterin hätte mit ihrer Körpergröße von 1,59 Metern gar nicht in die Takelage klettern dürfen, wies das Verteidigungsministerium allerdings zurück. Es gebe für die Marine keine besonderen Körpergrößen, sagte ein Sprecher dem Abendblatt. "Daher gilt die für die Bundeswehr allgemein vorgeschriebene Mindestgröße von 1,55 Metern."

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus nahm die Offiziersanwärter gestern in Schutz: "Es gab keine Meuterei", sagte er dem Fernsehsender N24. Es habe lediglich Vorwürfe gegeben, die in diese Richtung gingen.