Eine hauchdünne Mehrheit stellt sich hinter Merkel und spricht sich gegen Embryonen-Gentests aus

Karlsruhe. Nach einer langen und besonders emotionalen Debatte hat sich die CDU für ein generelles Verbot der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. Mehr als dreieinhalb Stunden wurde gestern auf dem Parteitag in Karlsruhe darüber diskutiert - und mit einer sehr knappen Mehrheit entschieden. Von den 799 abgegebenen Stimmen entfielen 408 auf das Verbot. 391 Delegierte stimmten dafür, die PID in engen Grenzen zuzulassen.

Präimplantationsdiagnostik steht für Gentests für Embryonen, die durch In-vitro-Fertilisation und damit durch künstliche Befruchtung entstanden sind. Im Vier- bis Acht-Zellen-Stadium und noch vor ihrer Einpflanzung in den Mutterleib werden sie auf genetische Defekte hin untersucht. Werden Schäden diagnostiziert, wird der Embryo vernichtet. Den Antrag für das PID-Verbot hatte die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner zusammen mit 29 anderen Delegierten eingebracht. PID sei eine "genetische Selektionsmethode", die die Menschenwürde und das Recht auf Leben verletze, hieß es. Der Antrag fordert die Mitglieder des Bundestages auf, zügig ein Verbot der PID herbeizuführen.

Zu den Verfechtern eines Verbots gehörten auf dem Parteitag unter anderem Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sowie CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Für eine Zulassung der PID in engen Grenzen appellierte eine Gruppe von Delegierten, die neben anderen von Familienministerin Kristina Schröder angeführt und von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen unterstützt wurde.

In ihren Reden zielten beide vor allem auf das Leid vorbelasteter Paare und ihren existenziellen Wunsch nach einem gesunden Kind ab. Schröder nannte die Vernichtung von Embryonen das "kleinere Übel" gegenüber der Spätabtreibung. Andere Redner sahen einen Widerspruch darin, dass der Gesetzgeber eine Genanalyse außerhalb des Mutterleibs verbiete, im Mutterleib aber zulasse. Hieran nahm auch Bundestagspräsident Norbert Lammert Anstoß. Er wandte sich gegen ein "rigides Verbot" der PID und plädierte für den Verzicht auf Strafbewährung. Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller sprach sich gegen eine Bestrafung aus, verlangte aber ein grundsätzliches Verbot der PID.

Fraktionschef Volker Kauder gehörte zu den leidenschaftlichen Befürwortern eines völligen Verbots. Für ihn steht eine "Relativierung" des Lebensschutzes auf dem Spiel. Nach der Verschmelzung von Samen und Eizelle "gibt es keinen qualitativen Sprung mehr", begründete er die Forderung nach Lebensschutz von Anfang an. Von dieser Grundsatzentscheidung ausgehend, warnten die Befürworter eines Verbots vor einem Dammbruch und verwiesen auf entsprechende Entwicklungen im Ausland.

Die Unions-Fraktion hatte zuvor beschlossen, ihre Abgeordnete frei nach Gewissen entscheiden zu lassen. Zur Zukunft der PID muss jetzt ein Gesetz beschlossen werden, das letzte Wort hat also der Bundestag. Mit einer Entscheidung ist frühestens Anfang 2011 zu rechnen. Die CDU wollte das Thema ursprünglich bereits am Montagabend diskutieren, entschloss sich nach einem Machtwort von Merkel aber dazu, die Debatte auf den Dienstag zu verlegen, um mehr Zeit zu haben.