Kritiker werfen Regierung Verwässerung der Klimaschutzziele vor. Kabinett entscheidet heute

Berlin. Unmittelbar vor seiner Verabschiedung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Energiekonzept der Bundesregierung gegen Kritik in Schutz genommen. "Man kann immer noch mehr fordern", sagte Merkel gestern in Berlin bei der Jahreskonferenz des Rats für Nachhaltige Entwicklung. Doch die geplante Verminderung des CO2-Ausstoßes um 80 Prozent bis 2050 sei bereits ein sehr ambitioniertes Ziel. Nicht nur die Kernenergie habe eine Brückenfunktion ins Zeitalter erneuerbarer Energie. Auch Kohlekraft werde noch eine ganze Weile gebraucht.

Dagegen berichtet die "Frankfurter Rundschau", die Regierung habe offenbar ihr Energiekonzept auf Druck der Wirtschaft entschärft. Im aktuellen Entwurf sei die Verpflichtung zur Energiesanierung der Altbauten gestrichen worden. Maßnahmen wie Wärmedämmung sollten nun freiwillig bleiben.

Fördermittel will der Bund den Angaben zufolge "im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten" erhöhen. Hierzu habe es aus Regierungskreisen geheißen, die Gelder sollten 2011 von 450 Millionen Euro auf eine Milliarde erhöht werden. Experten halten laut "Frankfurter Rundschau" fünf Milliarden Euro jährlich für nötig, um die Sanierung in Schwung zu bringen. Im Verkehrskapitel des Konzepts ist laut "Rundschau" das strikte Klima-Ziel für 2040 gestrichen worden. Hier sei ursprünglich gefordert worden, dass Pkw bis dahin nur noch im Schnitt 35 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer statt heute 160 Gramm ausstoßen. Nun heiße es nur noch, der Bund wolle sich für "eine ambitionierte Ausgestaltung" der Grenzwerte einsetzen.

Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Michael Kauch sagte dagegen dem Hamburger Abendblatt: "Die Fraktionen haben das Konzept nicht verwässert, sondern die Klimaschutzziele und den unbegrenzten Einspeisevorrang für erneuerbaren Strom gestärkt." So stünden hinter den weggefallenen CO2-Grenzwerten für Fahrzeuge keine Wirtschaftsinteressen. "Ich habe selbst den im Verkehrskapitel bisher vorgesehenen CO2-Grenzwert von 35 Gramm in 2040 streichen lassen, weil diese Zahl noch nicht im Parlament besprochen worden ist", sagte Kauch. "Wir legen beim Energiekonzept Wert darauf, dass die Entscheidung von den Fraktionen und nicht von den Ministerien getroffen wird." Zudem müsse sowieso erst die EU-Kommission neue Werte vorschlagen.

Bei der Gebäudesanierung sei es richtig, die Ziele hoch zu lassen. "Aber man kann die Einsparvorgaben nicht auf jedes Haus runterbrechen. Denkmalgeschützte Häuser kann man nicht auf Null-Emission dämmen." Man dürfe auch keine alleinstehenden Senioren zur Sanierung und damit eventuell zum Auszug zwingen. Kauch bestätigte: "Im Vergleich zum jetzigen Haushaltsentwurf werden wir die Förderzusagen für die Gebäudesanierung im kommenden Jahr auf knapp eine Milliarde Euro verdoppeln."

Die Einzelheiten des Konzepts werden heute unter anderem von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle vorgestellt. Der Plan soll heute vom Kabinett verabschiedet werden.