Steigende Sicherheits-anforderungen könnten das Projekt noch mehr Geld kosten. Die Proteste verzeichnen derweil einen neuen Rekord.

Stuttgart. Eine weitere Kostensteigerung bei dem umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist nun auch laut Bahnchef Rüdiger Grube möglich. „Bei Infrastrukturprojekten kann man nie sagen, was am Ende auf Heller und Pfennig herauskommt“, sagte Grube der „Wirtschaftswoche“. Als Beispiel für steigende Kosten nannte der Manager höhere Sicherheitsanforderungen etwa beim Tunnelbau. Vor zehn Jahren sei bei Tunneln alle 1000 Meter ein Sicherheitsausgang erforderlich gewesen, heute alle 500 Meter. Grube betonte jedoch, dass die derzeitige Größenordnung der Kosten bei beiden Projekten stimme und seriös durchgerechnet sei: „Ich war es, der als neuer Bahnchef realistische Zahlen auf den Tisch gelegt hat.“ Laut Deutsche Bahn kostet der Bahnhof rund 4,1 Milliarden Euro und die Neubaustrecke rund 2,9 Milliarden Euro.

Gegen das umstrittene Bahnprojekt gibt es massive Proteste in der Bevölkerung . Am Freitagabend gingen nach Veranstalterangaben in Stuttgart mehr als 69.000 Menschen auf die Straße – ein neuer Rekord. Die Polizei sprach von 35.000 Teilnehmern. In einem „Stuttgarter Appell“ forderten bisher mehr als 54.000 Menschen einen Baustopp und eine Bürgerbefragung zu dem Milliardenvorhaben. Die oppositionelle SPD spricht sich für eine Volksabstimmung über das Bahnprojekt aus. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Stuttgarter Landtag, Claus Schmiedel, regte an, für einen Volksentscheid zu Stuttgart 21 die Landesverfassung zu ändern. Diesem Vorschlag erteilte die im Südwesten mitregierende FDP eine klare Absage . Der Fraktionschef der Liberalen, Hans-Ulrich Rülke, nannte den Vorschlag absurd. Zur Änderung der Verfassung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig.

"Polizisten müssen das Hickhack um Stuttgart 21 ausbaden"

Die Abrissarbeiten am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofes gingen am Samstag unterdessen weiter. Nach „Spiegel“-Informationen gab es vor der Amtszeit von Grube bereits Widerstand bei der Bahn gegen das Projekt. So habe der Bahn-Vorstand „Stuttgart 21“ schon 1994 als unwirtschaftlich abgelehnt, berichtet das Blatt unter Berufung auf ein internes Vorstandspapier. Selbst bei der Addition günstigster Annahmen würde sich der Bau nicht rechnen. Empfohlen wurde daher laut „Spiegel“: „Die Anfahrt Stuttgart Hbf. wie heute.“ Bahn-Ingenieure hätten kritisiert, dass sich keine nennenswerte Reiseverbindung durch den Durchgangsbahnhof verbessern werde.

Ein Bahnsprecher sagte zu dem Bericht, 16 Jahre alte Dokumente wolle das Unternehmen nicht kommentieren. „Fakt ist: Das Projekt ist wirtschaftlich und bleibt wirtschaftlich“, betonte der Sprecher in Berlin.