Sozialträger in der Hansestadt kritisieren Abschaffung der Wehrpflicht - manche sehen Chancen

Hamburg. "You have to go left, room number 109", ruft Lukas Struß einem italienischen Gast zu, der ein Stockwerk höher sein Zimmer nicht findet. Danach wendet er sich wieder seinen beiden neuen Gästen zu, Jana und Cornelia aus Freiburg. Lukas gibt den beiden Jugendlichen Zimmerschlüssel und Bettwäsche, lächelt und sagt: "Einen schönen Aufenthalt wünsche ich." Der 19-Jährige aus Harburg ist seit Juli Zivildienstleistender in der Hamburger Jugendherberge "Auf dem Stintfang" an den Landungsbrücken.

Bettenmachen, Gartenarbeit, Geschirrspülen - und die Arbeit an der Rezeption, die Lukas am meisten gefällt: "Hier kann ich auch mal englisch reden, und die vielen internationalen Gäste sind spannend." In Hamburg arbeiten laut dem Bundesamt für den Zivildienst derzeit 1196 Zivildienstleistende. Doch in welcher Form es diese Stellen in Zukunft noch geben wird, darüber debattieren die Politiker in Berlin. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) plant bei einem Aussetzen der Wehrpflicht einen bundesweiten freiwilligen Zivildienst. Bei den großen Hamburger Sozialträgern herrscht darüber geteilte Meinung.

"Auf menschlicher wie auch finanzieller Seite wird eine Lücke entstehen", sagt Rainer Barthel, Sprecher des Roten Kreuzes Hamburg, dem Hamburger Abendblatt. Ein gemütlicher Spaziergang durch den Park, von dem die Rentnerin und der Zivi etwas hätten, sei so zum Beispiel nicht mehr möglich. Keine Sorgen macht sich dagegen die Geschäftsführerin der Hamburger Caritas GmbH, einer Tochterfirma des Caritas-Verbandes, Barbara Bender. "Ich blicke auch ohne Zivis optimistisch in die Zukunft, wir haben derzeit nur zwei Stellen bei 300 ausgebildeten Mitarbeitern", sagte sie dem Abendblatt. Es sei ohnehin immer schwieriger geworden, die jungen Männer für die Altenpflege zu gewinnen.

Die Einführung eines freiwilligen Zivildienstes sieht die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Hamburg kritisch. "Ein neues Parallelangebot würde nicht nur die Jugendlichen verwirren, sondern auch den bekannten und eingeführten Dienst schwächen", sagt Swantje Christiansen, Koordinatorin für das Freiwillige Soziale Jahr. Auch Sabine Koßmann von der Hamburger Diakonie hält einen weiteren Dienst neben den bestehenden Möglichkeiten für wenig sinnvoll. "Der Bund sollte stattdessen soziale Einrichtungen beim Ausbau der Freiwilligendienste noch stärker finanziell unterstützen."