Hamburg. Der FDP stehen aufreibende Tage bevor. Am Wochenende treffen sich die liberalen Spitzenpolitiker zu einer zweitägigen Vorstandsklausur. Es geht um nichts weniger als ein neues, offeneres Themenprofil, das sich die in den Umfragen abgestürzte Partei geben will. Der Druck, handfeste Ergebnisse zu erbringen, ist hoch.

Besonders die Gruppe der jüngeren FDP-Politiker setzt vor dem Treffen auf ein selbstbewussteres Auftreten der FDP innerhalb der Koalition. Die stellvertretende Fraktionschefin und bayerische FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß forderte im Abendblatt: "Es ist an der Zeit, dass sich die FDP wieder als eigenständige liberale Kraft darstellt, die Akzente für unsere Gesellschaft setzt und der Reformmotor der Politik ist." Gruß betonte: "Die FDP ist weder auf Landes- noch auf Bundesebene zuerst Koalitionspartner." Es müsse deutlich werden, dass die FDP "eine unabhängige Kraft in einem Fünfparteiensystem" sei. Man müsse die FDP nicht neu erfinden. "Wir müssen aber die gesellschaftlichen Veränderungen beobachten und darauf Antworten haben", sagte Gruß.

Von der Klausur soll ein Signal der Geschlossenheit ausgehen. Doch es wird erwartet, dass vor allem Vertreter aus den Ländern ihren Unmut über die bisherige Regierungsbilanz und die thematische Fokussierung auf Steuersenkungen zum Ausdruck bringen werden. Besonders hart hatte die Kritik zuletzt den Parteichef getroffen. In Hessen sorgte erst am vergangenen Wochenende ein Antrag auf Einberufung eines Sonderparteitags, um Guido Westerwelle abzulösen, für Aufregung. Der Antrag fand keine Mehrheit, aber noch immer wird diskutiert, ob Westerwelle seiner Doppelfunktion als weltreisender Außenminister und als Parteichef einer kriselnden Koalition noch gerecht wird. Zudem wird dem 48-Jährigen vorgehalten, bei der Kandidatenkür zur Bundespräsidentenwahl und beim Streit um die Gesundheitsreform zu wenig Einsatz gezeigt zu haben. Vor allem auf ihn werden sich die Augen richten, wenn am Sonntag die Klausur beginnt. Die Debatte über die Neuausrichtung seiner Partei fand bislang ohne ihn statt.

Westerwelle wird nur wenig Zeit haben, sich auf die Klausur vorzubereiten. Erst gestern ging der Außenminister auf eine Osteuropareise, die ihn über Polen, Bulgarien und Rumänien auch in die Republik Moldau führt.