Der in die Kritik geratene Parlamentarische Geschäftsführer der Berliner Piratenfraktion will das Einschreiten gegen Parteimitglieder mit rechtsextremem Gedankengut verschärfen.

Berlin. Der in die Kritik geratene Parlamentarische Geschäftsführer der Berliner Piratenfraktion, Martin Delius, will das Einschreiten gegen Parteimitglieder mit rechtsextremem Gedankengut verschärfen. Er wolle sich für einen konkreten Passus in der Parteisatzung stark machen, wonach die Nähe zum Rechtsextremismus ein Grund für einen Parteiausschluss sei, sagte er am Montag. „Ich werde weiter daran arbeiten, solche Menschen aus der Partei zu schmeißen.“ Bislang heißt es in der Parteisatzung, ein Mitglied könne ausgeschlossen werden, wenn es der Partei schweren Schaden zufüge. Die Satzung der Bundespartei besagt: „Totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Piratenpartei Deutschland entschieden ab.“

Delius hatte wegen seiner umstrittenen Äußerung zur NSDAP seine Kandidatur für den Posten des Politischen Geschäftsführers der Partei zurückgezogen. „Ich habe durch das unbedachte Zitat die Piraten extrem beschädigt“, sagte Delius am Sonntag dem Nachrichtenportal „Spiegel Online“. Delius hatte zuvor dem „Spiegel“ gesagt: „Der Aufstieg der Piratenpartei verläuft so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933.

Der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, hatte Delius den Rücktritt von seiner Funktion als Parlamentarischer Geschäftsführer nahegelegt. Kritik kam auch von der ehemaligen Grünen-Spitzenkandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in Berlin, Renate Künast.

Delius galt als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Politischen Geschäftsführers – der Posten soll beim Piraten-Parteitag am kommenden Wochenende in Neumünster neu besetzt werden. Die bisherige Bundesgeschäftsführerin Marina Weisband tritt nicht erneut für das Amt an. Seinen Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer in der Berliner Piratenfraktion wolle Delius aber zunächst weiter ausüben, berichtete „Spiegel Online“.

In seinem Blog entschuldigte sich Delius für seine Äußerung. „Das Zitat ist mir wirklich so passiert und war der Schlusssatz einer Ausführung zum derzeitigen beispiellosen Wachstum der Partei“, schreibt er. Er habe nie eine strukturelle, inhaltliche oder historische Gemeinsamkeit mit der NSDAP andeuten wollen. Er fügte hinzu: „Ich entschuldige mich bei allen Piraten und Unterstützern für den Vergleich und die damit verbundene Außenwirkung.“

Parteichef Sebastian Nerz rügte Delius für dessen Äußerung. „Jeder sollte sich genau überlegen, was er sagt und welche historischen Analogien er aufstellt und welche Wirkung das haben kann“, sagte Nerz dem „Tagesspiegel“. Die NSDAP als Vergleich heranzuziehen, sei „natürlich völliger Unsinn“.

CDU-Generalsekretär Wegner sagte der Berliner Tageszeitung „B.Z.“ (Montagausgabe), die Piraten müssten klären, ob Delius nach dem inakzeptablen Vergleich in der Funktion als Parlamentarischer Geschäftsführer weiter tragbar sei. Wegner forderte, dass die Piraten ihr Verhältnis zu rechtsextremen Tendenzen in der Partei klären. Solche unsäglichen Äußerungen zum wiederholten Male machten deutlich, dass die Piraten mit ihrer politischen Rolle überfordert seien.

Der Vorsitzende der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Andreas Baum, stellte sich unterdessen hinter Delius. Delius habe das Vertrauen der Fraktion und er sehe keinen Grund ihm dieses zu entziehen, unterstrich Baum. „Er hat einen Fehler gemacht und steht dazu“.

Die Grünen-Bundestagsfraktionsvorsitzende Künast forderte die Piratenpartei auf, ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus und zur deutschen Geschichte grundsätzlich zu klären. Die Partei müsse jetzt klären, „ob sie rechtsextremistische Einstellungen und Bestrebungen in ihren Reihen duldet“, sagte Künast der „Berliner Morgenpost“ (Montagausgabe). Die Piraten müssen sich Künast zufolge „ernst nehmen lassen wie jede andere Partei auch“. Deshalb reiche es nicht, wenn einzelne Parteimitglieder hier und da ihre unhaltbaren Äußerungen zurücknehmen.

Grünen-Parteichefin Claudia Roth forderte die Piraten auf, ihre fundamentalen Werte „glasklar und unmissverständlich demokratisch“ zu definieren und „in Richtung Rechtsextremismus eine unverrückbare Grenze“ zu ziehen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sieht bei den Piraten ein „echtes Abgrenzungsproblem“ zu Rechtsextremisten. Viele von ihnen glaubten, jede Meinung gelten lassen zu müssen, selbst in der eigenen Partei, „auch wenn sie diese Meinung selbst ekelhaft finden“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag). Dass Rechtsextremisten versuchten, die Piraten zu unterwandern, sei bei einer neuen Partei nicht überraschend. Daran seien die Piraten auch nicht schuldig. „Schuldig machen sie sich nur, wenn sie sie auch in der Partei dulden“, sagte Beck der Zeitung.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Berliner Piraten-Fraktion, Martin Delius, hatte am Wochenende mit einem Vergleich zwischen seiner Partei und der NSDAP für Empörung gesorgt. Er entschuldigte sich und zog daraufhin auch seine Kandidatur für den Bundesvorstand der Piratenpartei zurück. Diese trifft sich am kommenden Wochenende zu ihrem Bundesparteitag in Neumünster.

Seit Wochen ringt die Piratenpartei kontrovers um die Frage, inwieweit man sich von rechtsextremem Gedankengut abgrenzen muss. Nachdem die öffentliche Kritik immer schärfer wurde, hatte der Berliner Landesverband am Freitag eine Konferenz zu dem Thema angekündigt. Ende Mai sollen sich demnach die Parteimitglieder zusammen mit Fachleuten beraten.

Mit Material von dpa und dapd