In einer Konferenz Ende Mai wollen die Piraten den Vorwürfen zu rechtsextremen Tendenzen in ihrer Partei auf den Grund gehen.

Berlin. Die Berliner Piraten wollen rechtsextreme Tendenzen in der Partei in einer Konferenz klären. „Wir erkennen an, dass das Problem von Rassismus und Diskriminierung in der Gesellschaft und in der Piratenpartei existiert – von Einzelfällen zu sprechen ist falsch“, teilte der Landesverband am Freitag im Internet mit. „Wir brauchen die konstruktive Diskussion und Aufklärung.“ Das öffentliche Treffen solle Ende Mai stattfinden. Das genaue Programm sei noch unklar, hieß es.

Zuvor hatte ein heftiger Streit im Berliner Landesverband für Unruhe gesorgt: Landeschef Hartmut Semken hatte sich mit drastischen Worten gegen den Ausschluss von Piraten ausgesprochen, die rechtsradikale Positionen vertreten. Parteikollegen forderten ihn zum Rücktritt auf. Auch die politische Bundesgeschäftsführerin Marina Weisband befürwortete dies in der N24-Talkshow „Studio Friedman“.

Semken lehnte seinen Rücktritt am Freitag erneut ab. Unterstützung erhielt er dafür von seinen Landesvorstandskollegen. „Diskriminierung jedweder Art ist mit unseren Grundsätzen unvereinbar“, erklärte die Partei im Netz. „Die Frage ist vielmehr, wie wir dies innerhalb der Piratenpartei alltäglich leben und umsetzen können.“

Der Vorsitzende des Neonazi-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Sebastian Edathy (SPD), warf der Piratenpartei vor, sich nicht klar genug von Rechtsextremisten abzugrenzen. „Bei einer Partei, die sich nicht von Demokratiefeinden abzugrenzen bereit ist, stellt sich die Frage nach ihrem eigenen Demokratieverständnis“, sagte er der Online-Ausgabe der „Mitteldeutschen Zeitung“.

Auf der Konferenz soll unter anderem erörtert werden, wie sich Diskriminierung verhindern lässt und „welche politischen Forderungen für die Gesellschaft aber auch für uns Piraten daraus erwachsen“, hieß es. Mit Fachleuten soll zudem besprochen werden, wie Projekte gegen Rechts gestärkt und ausgebaut werden können.

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„Semken wird wahrscheinlich nochmals Stellung nehmen zu seinen Äußerungen“, sagte Piraten-Sprecher Enno Lenze am Freitag. „Da wird er wohl nicht drum herum kommen.“ Ein möglicher Konferenzort könnte das Veranstaltungslokal HBC am Alexanderplatz in Mitte sein. Dort hatten die Berliner Piraten schon öfters getagt.

Bundesvorsitzender Sebastian Nerz schloss ein „rechtes Problem in der Piratenpartei“ aus. Zugleich räumte er im Berliner „Tagesspiegel“ ein, die Partei müsse „noch den richtigen Umgang mit solchen Äußerungen finden“.

Rechtsextremistische Äußerungen von Parteimitgliedern gibt es nach Auffassung des Berliner Parteienforschers Oskar Niedermayer nicht nur bei den Piraten. „Keine Partei ist vor dem Problem hunderprozentig gefeit“, sagte Niedermayer. Im Gegensatz zu den etablierten Parteien würden die Piraten den Streit aber offen im Internet austragen. Zugleich warnte der Wissenschaftler vor Hysterie. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass ein Großteil der Partei aus Rechtsextremen besteht.“ Derzeit seien nur Einzelfälle bekannt.

Seit Tagen wird über die Frage diskutiert, wie sich die Piraten von rechtsradikalen Ansichten distanzieren sollen. Auslöser war eine umstrittene Äußerung des rheinland-pfälzischen Piraten Bodo Thiesen.

Piraten ohne Koalitionsaussage im schleswig-holsteinischen Wahlkampf

Im Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein wollen die Piraten keine Koalitionsaussage treffen. Die Partei werde im Falle eines Parlamentseinzugs nach der Wahl am 6. Mai „in der Opposition parlamentarische Erfahrung sammeln und themenbezogene Bündnisse schließen“, teilte ein Sprecher am Freitag in Kiel mit. Bei Bedarf bestehe aber Bereitschaft zu Gesprächen mit allen demokratischen Parteien und zur „Ermöglichung der Bildung einer Landesregierung“.

„Etwaige Verhandlungen müssen über einen Internet-Livestream öffentlich übertragen werden, damit jeder Bürger dazu Stellung nehmen kann“, teilte der Sprecher weiter mit. In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des NDR lag die Partei bei zehn Prozent. (dpa/dapd/abendblatt.de)