Die Linkspartei steht im Wahlkampf ohne Vorsitzende da. Gesine Lötzsch ist aufgrund der Erkrankung ihres Mannes zurückgetreten.

Berlin. Damit hatte keiner gerechnet: Mitten in zwei Landtagswahlkämpfen steht die Linkspartei ohne Vorsitzende da. Wenige Wochen vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist Parteichefin Gesine Lötzsch am Dienstagabend überraschend zurückgetreten. Die 50-Jährige nannte familiäre Gründe für ihren Schritt. Sie hatte die Partei seit 2010 geführt und trotz innerparteilicher Kritik noch vor wenigen Monaten angekündigt, auf dem Parteitag im Juni erneut für den Vorsitz zu kandidieren. Der Partei steht jetzt eine Führungsdebatte ins Haus.

"Aufgrund der Erkrankung meines Mannes habe ich mich nach reiflicher Überlegung entschieden, das Amt der Vorsitzenden der Partei Die Linke niederzulegen“, teilte Lötzsch schriftlich mit. Die Entscheidung sei ihr nicht leicht gefallen. "Meine familiäre Situation lässt jedoch eine häufige Abwesenheit von meinem Wohnort Berlin nicht mehr zu“, erklärte Lötzsch weiter. Ihr Bundestagsmandat wolle sie behalten und sich künftig darauf konzentrieren.

Bekannt als Einzelkämpferin

Mit diesem Mandat war die 1961 in Berlin geborene Philologin bundesweit bekannt geworden. Als sie 2002 erstmals in den Bundestag einzog, war sie zusammen mit der ebenfalls direkt gewählten Petra Pau die einzige Abgeordnete der damaligen PDS, weil die SED-Nachfolgepartei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. Fortan saß Lötzsch mit Pau als fraktionslose Hinterbänklerin im Plenum und stritt sich mit dem damaligen Parlamentspräsidenten Wolfgang Thierse darüber, ob sie für ihre Akten einen Tisch haben dürfe oder nicht. Als ihre Partei 2005 in den Bundestag zurückkehrte, wurde Lötzsch Fraktionsvize und fünf Jahre später zusammen mit Klaus Ernst Parteichefin.

Doch schon wenige Monate später, Anfang 2011, dachte sie öffentlich über Wege zum Kommunismus nach. Später führte Lötzsch den Mauerbau auf den Zweiten Weltkrieg zurück und sorgte mit einem Glückwunschschreiben an Kubas ehemaligen Staatschef Fidel Castro für Kritik. Die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gingen verloren, in Berlin schied die Linke aus der Regierung aus, im Saarland verlor sie fünf Prozentpunkte.

Parteiinterne Kritiker machten Lötzsch und Ernst für das schlechte Erscheinungsbild der Partei verantwortlich. Trotzdem erklärte Lötzsch, erneut für den Vorsitz kandidieren zu wollen.

Linke vor Führungsdebatte

Ihr plötzlicher Rücktritt zwingt der Partei jetzt vor den Landtagswahlen Anfang Mai eine Führungsdebatte auf. Für die Nachfolge Lötzschs muss die Linke eine Frau wählen. Wer das sein könnte, war am Dienstagabend nicht abzusehen.

Auch wer die männliche Hälfte der Doppelspitze stellt, war noch unklar. Ernst hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob er noch einmal kandidiert. Einen Gegenkandidaten hat er aber schon. Bundestagsfraktionvize Dietmar Bartsch hatte seinen Hut schon Ende November in den Ring geworfen. Ob Ex-Parteichef Oskar Lafontaine erneut für den Vorsitz kandidiert, ist Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Lafontaine gilt als Gegner Bartschs. Zu einer Kandidatur hat er sich bislang aber nicht geäußert und war auch am Dienstagabend nicht erreichbar.