Bundesregierung soll das in Österreich und Australien bewährte Modell prüfen: Dort ist nur eine Erhöhung der Spritpreise pro Tag erlaubt.

Hamburg/Berlin. Der Weg zu mehr Transparenz soll über das Internet führen. Mit einem Meldesystem will die Politik die starken Schwankungen des Benzinpreises in den Griff bekommen und den Wettbewerb unter den Tankstellen-Betreibern erhöhen. Zu Ostern werden weitere Preisrekorde erwartet, derzeit kostet der Liter Super schon 1,70 Euro.

Ein "Webtool, an das Tankstellenbetreiber regelmäßig ihre Preise zu melden hätten", brachte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, ins Gespräch. Pfeiffer ist einer der Autoren eines Antragsentwurfs, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf dem Mineralölmarkt für "mehr Wettbewerb und Preisdynamik zugunsten der Verbraucher" zu sorgen.

Politiker in Deutschland gehen nun gegen die Preiswillkür der Sprit-Konzerne in die Offensive. In Berlin diskutieren Koalition und Landesregierungen über Preissperren, Datenbanken und Pendlerpauschale. Doch die Modelle für mehr Wettbewerb an den Zapfsäulen sind umstritten.

Wie will die Politik den Wettbewerb an der Tankstelle erhöhen?

Die Fraktionen von Union und FDP forderten die Regierung auf, mehrere Optionen zu prüfen, um die starken Preissprünge zu unterbinden. Ihr Ziel: eine Benzinpreisbremse und mehr Transparenz durch digitale Meldesysteme. Auf Antrag Thüringens verlangte der Bundesrat am Freitag vom Bund eine gesetzliche Regelung. Als eine Möglichkeit gilt das westaustralische Modell. Danach muss am Vortag der Preis für den Folgetag bekannt gemacht werden, der dann nicht weiter erhöht werden darf. Auch das Österreich-Modell soll geprüft werden. Dort darf nur einmal am Tag der Preis nach oben geschraubt werden.

Wie sinnvoll ist die Regulierung des Benzinpreises in Westaustralien?

In Westaustralien dürfen die Betreiber von Tankstellen 24 Stunden lang den Spritpreis nicht verändern, sonst droht ihnen ein Bußgeld. Für mehr Transparenz müssen zudem alle Tankstellen ihre Preise melden. Diese werden im Internet veröffentlicht. Die Befürworter des "Fuel Watch Systems" erhofften sich davon mehr Transparenz, mehr Wettbewerb und im Ergebnis niedrigere Benzinpreise. Doch auch in Westaustralien gibt es drastische Preisunterschiede zwischen den Tankstellen in der Stadt und auf dem Land. Die Preise in der Region sind keineswegs niedriger als im Rest des Landes, die Preisausschläge sind nur verlangsamt - dies bedeutet aber auch: Die Preise sinken auch langsamer.

+++ Leitartikel: Eine hilflose Geste +++

Wie gut funktioniert das Spritpreis-Modell in Österreich?

Seit Anfang 2011 dürfen die Tankstellen-Betreiber die Spritpreise nur einmal pro Tag erhöhen, genau um zwölf Uhr mittags. Auch in Österreich gibt es ein Meldesystem für die aktuellen Preise. Doch dass Benzin und Diesel immer teurer werden, konnte die Regierung in Wien dadurch nicht verhindern. Das Problem sowohl in Westaustralien als auch in Österreich: Um nicht zu knapp zu kalkulieren, könnte der Preis höher als nötig angegeben werden, was dann sogar zu höheren Preisen als bei mehrmals täglichen Anpassungen führen könnte.

Was sagt die Bundesregierung zum Vorstoß der Länderchefs?

Lösungen nach österreichischem oder australischem Modell würden in der Bundesregierung skeptisch gesehen, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto (FDP). Zudem verwies das Ministerium darauf, dass die Preisgestaltung der Mineralölbranche durch das Kartellamt stärker unter die Lupe genommen werde. Nach Plänen der Koalition dürfen künftig die großen Mineralölunternehmen BP (Aral), ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total freien Tankstellen Kraftstoffe nicht zu höheren Kosten verkaufen als an ihre eigenen Tankstellen.

Wie reagiert der ADAC auf die Vorstöße?

Der ADAC sieht die Überlegungen für eine Benzinpreisbremse "kritisch", sagt der Pressesprecher Jürgen Grieving. "Wir versprechen uns davon keinen Gewinn für die Autofahrer." Wie die Erfahrungen in Österreich und Australien zeigten, sei auch nicht mit Preissenkungen zu rechnen, so Grieving. Der österreichische Automobilclub ÖAMTC bewertet die Folgen der neuen Benzinpreisverordnung unterm Strich positiv. "Die Kunden sind zufriedener, da sie jetzt einen besseren Marktüberblick haben", sagt die ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexpertin Elisabeth Brandau dem Abendblatt. Die Regelung haben vor allem mehr Transparenz gebracht. Früher habe es auch in Österreich täglich bis zu 15 Preisänderungen innerhalb eines Tages an den Tankstellen gegeben.

Wie viel zahlen deutsche Autofahrer im Vergleich zum Ausland?

Bei Eurosuper E5 steht Deutschland im EU-Preisvergleich auf Platz 9 (mit Steuern), bei Diesel auf Platz 7. Der Benzinpreis setzt sich überwiegend aus Steuern und dem Einkaufspreis am europäischen Großmarkt für Ölprodukte in Rotterdam zusammen. Je höher der Ölpreis, desto teurer das Benzin. Pro Liter Benzin werden festgeschriebene 65,5 Cent Mineralölsteuer fällig, zudem werden 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben. Bei einem Endverbraucherpreis von knapp unter 1,62 Euro sind das 25,8 Cent, zusammen also 91,3 Cent.