Gestern vor 67 Jahren ging ein Bombenhagel auf Dresden nieder. 3,6 Kilometer lang ist die Menschenkette, die sich am Montagabend rund um die Dresdner Innenstadt formiert. Mehr als 13.000 Menschen, so hat die Stadtverwaltung ausgerechnet, halten sich an den Händen und gedenken so still der Opfer der Bombardierung Dresdens vor genau 67 Jahren. Zugleich wollen sie ein Zeichen setzen gegen Rechtsextreme, die das Gedenken am 13. Februar seit einigen Jahren für ihre Zwecke missbrauchen.

Dresden. Gestern vor 67 Jahren ging ein Bombenhagel auf Dresden nieder. 3,6 Kilometer lang ist die Menschenkette, die sich am Montagabend rund um die Dresdner Innenstadt formiert. Mehr als 13.000 Menschen, so hat die Stadtverwaltung ausgerechnet, halten sich an den Händen und gedenken so still der Opfer der Bombardierung Dresdens vor genau 67 Jahren. Zugleich wollen sie ein Zeichen setzen gegen Rechtsextreme, die das Gedenken am 13. Februar seit einigen Jahren für ihre Zwecke missbrauchen. Etwa 1.600 von ihnen marschieren am Abend auf einer kurzen Route in der Nähe des Hauptbahnhofes.

Das Erinnern an die verheerende Bombennacht des 13. Februar 1945 beginnt mittags. In der Frauenkirche, wo die alliierten Bomben das Herz der Stadt trafen und ihre barocke Schönheit in Schutt und Asche legten, kommen Gläubige zu einer Friedensandacht zusammen. Gut 100 Dresdner und Touristen erinnern im Stillen an die Opfer des Zweiten Weltkrieges, während die Friedensglocke der Kirche läutet.

Die Gegner des Neonazi-Aufmarsches bereiten sich zeitgleich auf einen langen Tag vor. So ist schon vormittags eine Gruppe Jugendlicher aus Chemnitz angekommen, mit mehreren Pullovern übereinander, dicken Socken und Decken gegen die Kälte gewappnet. „Wir wollen verhindern, dass diese braunen Idioten überhaupt loslaufen können“, verkündet eine Abiturientin. Ihr Ziel ist eine Sitzblockade. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hatte dazu bundesweit aufgerufen.

Aber auch gegen das Gedenken selbst formiert sich Protest. Sichtbar wird dieser am Nachmittag auf dem Heidefriedhof am Stadtrand, auf dem Politprominenz und einige hundert Dresdner zur zentralen Gedenkveranstaltung zusammenkommen. Zur Erinnerung an die Opfer des Zweiten Weltkrieges legen sie weiße Rosen nieder, ein Violinist spielt dazu, ein Chor singt. Die Polizei, die an diesem Tag mit 6.000 Einsatzkräften in der gesamten Stadt präsent ist, entfernt schnell und geräuschlos eine Gruppe linksgerichteter Demonstranten, die am Rande der Veranstaltung mit einem Transparent den Dresdner „Gedenkzirkus“ kritisierten. Anderen Protestlern wird der Zutritt zum Friedhof verwehrt.

Weiße Rosen haben sich auch viele Teilnehmer der Menschenkette am Abend an ihre dicke Winterkleidung geheftet, als Zeichen gegen Krieg, Rassismus und Gewalt. Einige lassen Luftballons steigen. Vor der Frauenkirche zünden Hunderte Kerzen an und arrangieren sie auf dem Kopfsteinpflaster des Neumarkts in Form einer riesigen Friedenskerze.

Es ist eine stille Demonstration im winterlich verschneiten Dresden. Nur der Lärm des pausenlos über der Innenstadt kreisenden Hubschraubers lässt ahnen, dass sich zur selben Zeit nur einige hundert Meter entfernt rund 1.600 Neonazis zu einem Aufmarsch formieren, während sich rund 2.000 Gegendemonstranten auf eine Blockade der Rechtsextremen vorbereiten.

Einer der vielen prominenten Politiker aus Stadt, Land und Bund, die sich in die Menschenkette eingereiht haben, ist Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Er zeigt Verständnis für friedliche Blockaden gegen Neonazi-Aufmärsche. „Man kann den Neonazis nicht ganz widerspruchslos und unkommentiert die Straße überlassen“, sagt Thierse, der sich bereits im vergangenen Jahr an den Anti-Nazi-Protesten in Dresden beteiligt hatte.

Ein 70-Jähriger aus der Nähe von Dresden, der sich zum ersten Mal in die Menschenkette einreiht, sagt, wenn er jünger wäre, würde er sich an den Blockaden beteiligen. In Gedanken unterstütze er die jungen Leute, die sich den Nazis entgegenstellen. „Der Protest gegen Rechts ist mittlerweile wichtiger geworden als das Erinnern an die Opfer“, sagt der Mann. Gemeinsam mit seiner Frau steht er in der Nähe des Zwingers.

Rund eine Viertelstunde lang besteht der geschlossene Ring aus Menschen, danach zerstreut sich die Menge. Einige bewegen sich in Richtung der Nazi-Demonstration am Hauptbahnhof, die weiträumig von der Polizei abgesperrt ist. So versammeln sich einige hundert Menschen auf dem Sternplatz vor dem Kabarett „Herkuleskeule“ und warten auf die Nazis.

Als die Rechtsextremen nur etwa 100 Meter entfernt marschieren, machen die Gegendemonstranten ihnen deutlich, was sie von dem Aufmarsch halten. Lautstark werden die Rechtsextremen ausgepfiffen und immer wieder schreit die Menge „Nazis raus“. Mitten drin steht auch der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer. Als die Nazis weg sind, sagt Kramer zufrieden: „Die Nazis haben ganz klar gespürt, wie groß der Widerspruch ist.“