Fraktionschef der Linken im sächsischen Landtag wirft Staatsanwälten vor, eine „Strategie der Einschüchterung gegen Nazi-Gegner“ zu verfolgen.

Dresden. Der sächsische Linke-Politiker André Hahn soll eine Geldstrafe von 3000 Euro zahlen, weil er gegen Neonazis protestiert hat. Hahn hatte 2010 an einer Blockade gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Dresden teilgenommen. Die Fraktion der Linken im Sächsischen Landtag teilte am Mittwoch mit, ihrem Fraktionschef sei am Dienstag über seinen Anwalt ein entsprechender Strafbefehl des Amtsgerichtes Dresden zugestellt worden. Ihm wird vorgeworfen, in der sächsischen Landeshauptstadt einen rechten Aufmarsch vereitelt und damit eine grobe Störung verursacht zu haben, wie der Politiker am Mittwoch mitteilte. Nach Angaben der Fraktion legte er Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Die Justizbehörden waren für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

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Die Dresdner Staatsanwaltschaft hatte in Hahn einen Rädelsführer der Proteste gegen die Rechtsextremen gesehen. „Es erstaunt mich sehr, dass sich wirklich ein Richter finden ließ, der trotz der äußerst dürren Beweislage und zweifelhafter Rechtsgrundlage bereit war, diesen Strafbefehl mit den seit langem bekannten Vorwürfen der Dresdner Staatsanwaltschaft zu unterschreiben“, erklärte Hahn. Der Juristische Dienst des Bundestages habe die Auffassung vertreten, dass es für das Vorgehen der Staatsanwälte in Dresden keine Rechtsgrundlage gebe. Verwundert zeigte sich Hahn auch darüber, dass die Ermittlungsbehörde zunächst von einer Anklage wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gesprochen hatte, nun aber einen Strafbefehl erstellte.

„Ich bleibe dabei: Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind in jeder Hinsicht absurd. Wenn aber die Staatsanwaltschaft partout meint, gegen mich vorgehen zu sollen, muss das in öffentlicher Verhandlung vor Gericht ausgestritten werden, falls ein Richter bereit ist, die Anklage zuzulassen“, betonte der Politiker. Für den Ausgang eines solchen Verfahrens sei er „mehr als zuversichtlich“, zumal die sächsische Justiz „zum Glück nicht die letzte Instanz“ sei. Er warf den Staatsanwälten erneut eine „Strategie der Einschüchterung gegen Nazi-Gegner“ vor. Dies sei mit Blick auf die neuerlichen Aufmärsche der Rechtsextremen im Februar verantwortungslos.

Die Staatsanwaltschaft hatte Blockaden des genehmigten Neonazi- Aufmarsches als Straftat eingestuft. Auch „braune Dumpfbacken“ hätten das Recht auf Versammlungsfreiheit, argumentierte die Behörde damals. Trotzdem gingen weit mehr als 10.000 Menschen auf die Straße, um den Marsch der Rechtsextremen zu verhindern. Die Polizei sah sich wegen der Massen außerstande, die Blockaden zu räumen. Neben Hahn waren auch seine Amtskollegen aus den Landtagen von Thüringen und Hessen ins Visier der Ermittler geraten. Die Staatsanwaltschaft verwies auf deren politische Funktion und Verantwortung. Hahn hielt dagegen, dass sich strafrechtliche Verfolgung nur auf eine konkrete Tat gründen darf, nicht aber auf eine gewählte Funktion im Parlament. Zugleich gab Hahn zu Protokoll, dass er zum Zeitpunkt der eigentlichen Blockade gar nicht mehr am Ort des Geschehens war. Denn als die Neonazis marschieren wollten, habe er in einer Menschenkette auf der anderen Seite der Elbe gestanden – gemeinsam mit dem sächsischen Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) und anderen Politikern.

Mit Material von dpa/dapd