CSU-Chef Seehofer stellt Bedingungen, CDU-Experte spricht von “Sozialpopulismus“

Berlin/Hamburg. Zum Start der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer die Verlängerung der Lebensarbeitszeit erneut infrage gestellt. "Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer über 50 in Deutschland müssen spürbar verbessert werden! Sonst wird die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zur faktischen Rentenkürzung", sagte Seehofer "Bild am Sonntag". "Das bisher Erreichte genügt da nicht. Wenn sich das nicht ändert, werden wir über diese Frage eine breite öffentliche Debatte führen müssen. Mit mir ist eine massenhafte Rentenkürzung nicht zu machen." Fast wortgleich hatte sich Seehofer bereits vor einem Jahr geäußert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte derweil, dass die Rente mit 67 umgesetzt werde. Die stufenweise Einführung begann mit dem Neujahrstag und soll 2029 abgeschlossen sein. Dann gibt es die Rente ohne Abschläge im Regelfall nur noch mit 67 Jahren, bislang lag die Grenze bei 65 Jahren.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen führt derzeit mit Unternehmen, Gewerkschaften und Rentenversicherung Gespräche über die Lage von Älteren auf dem Arbeitsmarkt, gleitende Übergänge in die Rente und die sogenannte Zuschussrente. Davon sollen vor allem Geringverdiener profitieren, die im Alter in die Grundsicherung zu rutschen drohen. Von der Leyens Pläne sehen vor, dass es zwar eine Pflicht zur Riester-Rente für die potenziellen Zuschussrentner geben soll. Allerdings soll ihr Alterseinkommen mit Zuschüssen bei etwa 850 Euro im Monat liegen. Der erneute Vorstoß von Seehofer kommt der schwarz-gelben Koalition ungelegen. Seehofer drohte der Wirtschaft mit gesetzlichen Schritten: "Alle Regierungen in den letzten 20 Jahren in Deutschland haben befristete Arbeitsverträge und Minijobs als begrenztes Mittel zur Flexibilität akzeptiert. Sie sind aber in vielen Fällen der Regelfall geworden. Das müssen wir wieder ändern." Für den Fall, dass sich die Arbeitgeber von Appellen nicht beeindrucken lassen, sagte Seehofer: "Für mangelnde Vernunft gibt es auch in einer freiheitlichen Gesellschaft nur einen Ersatz: den Gesetzgeber."

Der CDU-Sozialexperte Jens Spahn sagte mit Blick auf Seehofer, das sei "ständig wiederkehrender Sozialpopulismus". Erst im Jahr 2029 würden Arbeitnehmer mit 67 in Rente gehen, auf dem Arbeitsmarkt werde es dann ganz anders aussehen. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, sagte dagegen der Nachrichtenagentur dapd: "Eine echte Verbesserung der Arbeitsmarktsituation für Ältere ist nicht in Sicht."