Die Mehrheit der Deutschen lehnt laut Umfrage längere Laufzeiten für Atommeiler ab. Umweltminister Röttgen hält dennoch an ihnen fest.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) beharrt ungeachtet aller Proteste auf längere Laufzeiten von Atomkraftwerken. „Kernenergie ist die Brücke in eine neue Zeit“, sagte er dem Hamburger Magazin „Stern“. Diese Brücke werde „vielleicht etwas länger, als bislang geplant, aber sicher immer schmaler“, fügte er hinzu.

Auf eine genaue Zeitangabe wollte sich der CDU-Politiker nicht festlegen. Spätestens 2050 müsse die Energieversorgung nahezu C02-frei stattfinden: „Nahezu heißt bis auf vielleicht fünf Prozent. Radikaler geht es nicht.“ Im Oktober wolle die Bundesregierung ihr Energiekonzept vorlegen. Bis dahin werde nun durchgerechnet, welche volkswirtschaftlichen Effekte es bei einer Laufzeitverlängerung von 0, 4, 12, 20 und 28 Jahren gäbe – „wie viele neue Arbeitsplätze, welche Investitionen, welche Strompreise“. An die Adresse der Atomkraft-Anhänger aus den eigenen Reihen sagte Röttgen: „Tatsächlich gibt es Stimmen, die fordern, Kernenergie möglichst lange zu nutzen. Ich frage anders: Wann brauchen wir sie nicht mehr? Wann schaffen wir den Umstieg?“

Die Mehrheit der Deutschen lehnt eine Laufzeitverlängerung indes ab. Bei einer vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima in Auftrag gegebenen Emnid-Erhebung sprachen sich mit 63 Prozent fast zwei Drittel der 1.000 Befragten dafür aus, die Atomkraftwerke so schnell wie möglich vom Netz zu nehmen. Zugleich habe eine Mehrheit die Weiterentwicklung und Erforschung erneuerbarer Energien gefordert, heißt es weiter.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hält die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke einem Pressebericht zufolge für überflüssig. Wie die Wochenzeitung „Zeit“ am Mittwoch vorab aus ihrer neuen Ausgabe berichtet, wird das von der Bundesregierung berufene Professorengremium kommende Woche eine Expertise vorlegen, aus der hervorgeht, dass die Stromversorgung vollständig mit erneuerbaren Energien sichergestellt werden kann. Das Modell sei ein Gegenentwurf zu dem Vorhaben der Bundesregierung, den Atommeilern längere Laufzeiten zu genehmigen, berichtet die Zeitung.

Nach Auffassung des Umweltrats mangelt es nicht an Technologien zur Nutzung regenerativer Stromquellen. Als zentraler Engpass könne sich allerdings der Ausbau des Stromnetzes erweisen. Der 1971 gegründete Sachverständigenrat für Umweltfragen berät die Bundesregierung in umweltpolitischen Themen.