Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, kritisiert die pauschale Gesundheitsprämie als sozial ungerecht.

Hamburg. Die Gewerkschaften drohen mit höheren Lohnforderungen für den Fall, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung die geplante Gesundheitsreform umsetzt. Die Arbeitnehmervertreter würden nicht stillschweigend hinnehmen, dass "die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen einseitig von den Beschäftigten getragen wird", sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, dem Hamburger Abendblatt. "In einem solchen Fall müssten wir dafür sorgen, dass die Beschäftigten nicht zu den Leidtragenden des Systemwechsels werden. Über Lohnforderungen würde das Ganze dann zu einem Nullsummenspiel." Die Gesundheitspläne von Schwarz-Gelb sehen vor, dass der Beitrag der Arbeitgeber zur gesetzlichen Krankenversicherung eingefroren wird.

Die im Koalitionsvertrag verankerte pauschale Gesundheitsprämie für alle Versicherten kritisierte Sommer als sozial ungerecht. Den vorgesehenen Sozialausgleich aus Steuermitteln nannte er "unbezahlbar". Der DGB-Chef verwies darauf, dass die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung schon vor einer Weile aufgegeben worden sei. Die Beschäftigten zahlten bereits mehr als die Arbeitgeber. Wenn die Regierung diesen Weg weitergehe, müsse sie mit dem Widerstand der Gewerkschaften rechnen.

Sommer äußerte sich zuversichtlich, dass die Kopfpauschale noch zu verhindern sei. Innerhalb der Union gebe es erheblichen Widerstand. Der Gewerkschaftsführer verwies außerdem auf die Möglichkeit von Massendemonstrationen. "Die Kopfpauschale trifft den Nerv der Leute und würde Massen mobilisieren", erinnerte Sommer. "Aber ich drohe nicht mit Machtmitteln, bevor es ernst wird. Bei der Gesundheitsprämie sind wir ja erst in der politischen Pettingphase."

Die Bundesregierung hat im vergangenen Monat eine Kommission zur Konkretisierung der in den Koalitionsvertrag aufgenommenen Gesundheitspläne eingesetzt. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) befürwortet eine schrittweise Umsetzung des Prämienmodells. Die Kosten für den Sozialausgleich werden vom Bundesfinanzministerium auf bis zu 35 Milliarden Euro beziffert. Während CDU und FDP die Ergebnisse der Regierungskommission abwarten wollen, kommt aus der CSU massiver Widerstand. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Gesundheitsminister Markus Söder haben ihr Veto gegen die Kopfpauschale angekündigt.

Söder bezeichnete die Regierungskommission gar als überflüssig und legte vom Koalitionsvertrag abweichende Reformpläne vor. Ein anderer CSU-Politiker, der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Wolfgang Zöller, forderte am Freitag die Koalitionspartner zu mehr Selbstdisziplin bei der Gesundheitsreform auf. "Das geht vor allem an die Adresse meiner eigenen Partei", sagte Zöller der "Saarbrücker Zeitung". Der Umgang mit diesem Thema sei in der Koalition "stark verbesserungsbedürftig". Wenn sich jeder an den Koalitionsvertrag hielte, gäbe es auch weniger Probleme, mahnte Zöller. Über die Gesundheitsreform sollten Union und FDP erst diskutieren, wenn die Reformkommission einen Vorschlag unterbreitet habe. "Alles andere verunsichert die Menschen."