Normalerweise finden Haftprüfungstermine statt, ohne dass die Beschuldigten danach von Kameraleuten erwartet werden. Im Fall Jörg Kachelmann war das am Mittwoch anders: Als der wegen Vergewaltigung beschuldigte Fernseh-Wetterexperte vor das Mannheimer Amtsgericht trat, erwartete ihn eine Journalistenschar. Kachelmann wurde gefilmt, als er über den Gerichtshof ging und in einen Gefängnisbus stieg.

Wurde er zur Schau gestellt? Der Medienanwalt Christian Scherz, der Prominente wie Günther Jauch und Thomas Gottschalk vertritt, sagt: "Mir ist kein Fall in der deutschen Pressegeschichte bekannt, wo es die Justiz ermöglicht hat, dass ein bloßer Beschuldigter vor laufenden Kameras in eine grüne Minna weggeschlossen wurde." Der Staat habe eine "unbedingte Schutzpflicht", dass ein Beschuldigter nicht "ohne Not in einer für ihn unwürdigen Situation abgebildet wird". Der Fall erinnere an die Festnahme des früheren Postchefs Klaus Zumwinkel, der vor laufenden Kameras abgeführt wurde - die Medien sollen zuvor über die Festnahme informiert worden sein.

Doch der Fall Kachelmann ist anders: Das Mannheimer Gericht erklärt, dass der Informationsanspruch der Öffentlichkeit gegen die Persönlichkeitsrechte Kachelmanns abgewogen worden sei - mit dem Ergebnis, dass die Presse bei der Abführung dabei sein durfte. Der TV-Moderator wusste vorher Bescheid. "Das konkrete Vorgehen war mit Herrn Kachelmann abgestimmt", sagte Gerichtssprecher Volker Schmelcher dem Abendblatt. "Die Interessen des Herrn Kachelmann wurden ausreichend berücksichtigt." Das heißt: Dem Wetterexperten war der Auftritt nicht unrecht. So erklärt sich im Nachhinein auch, warum er gar nicht überrascht wirkte, als er durch die Gerichtstür trat, warum er ein wenig lächelte, seine Arme ausbreitete und in die Kameras sagte: "Ich bin unschuldig." Die Szene wirkte einstudiert. Und sie war es auch: Amtsgerichts-Sprecher Schmelcher zufolge war vorher verabredet worden, dass sich Kachelmann äußern konnte.