Hamburg. "Der Deckel ist weg", jubeln die Steuerzahler. Krankenversicherungskosten können vom 1. Januar an deutlich besser als Sonderausgaben abgesetzt werden. Im dritten Teil der Abendblatt-Serie zu den Änderungen in 2010 geht es aber auch um die Rentner und ihr kompliziertes Verhältnis zum Finanzamt.

Krankenkassenbeiträge

Die wuchtigste Entlastung der Bürger wurde von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angestoßen: Künftig sind prinzipiell alle Beiträge für die gesetzliche und private Krankenkasse und die Pflegeversicherung absetzbar. Aber: Nur die Grundversorgung wird angerechnet, nicht Extraprämien für Chefarztbehandlung, Einbettzimmer oder Zahnzusatzversicherungen. Auch bei einer Krankengeldversicherung werden die anrechenbaren Beiträge gekürzt. Private und gesetzliche Kassen verschicken bis zum Jahresbeginn Briefe, in denen die Beiträge und der tatsächlich anrechenbare Teil aufgelistet sind. Bei Privatversicherten sind es nach einer Faustformel etwa 80 Prozent.

Was als Sonderausgabe zählt

Wer 36 000 Euro im Jahr (3000 Euro monatlich) verdient und 2844 Euro (7,9 Prozent) in die Kranken- und 702 Euro (1,95 Prozent) in die Pflegeversicherung zahlt, kann 3546 Euro Sonderausgaben geltend machen. Verlangt eine Kasse einen Zusatzbeitrag, so kann auch der abgesetzt werden. Nach langem politischen Tauziehen können Beiträge zu einer Unfall- oder Haftpflichtversicherung zusätzlich als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Höchstgrenze (1900 Euro) für Kassenbeiträge schon ausgeschöpft ist.

Selbstbeteiligung und Prämien

Wer einen Tarif mit Selbstbehalt hat, also für gesundheitsbewusstes Verhalten geringere Beiträge zahlt, darf nur die tatsächlichen Beiträge ansetzen. Wer von seiner Privatversicherung eine Prämie dafür erhält, keine Rechnungen eingereicht zu haben, muss das beim Finanzamt angeben.

Außergewöhnliche Kosten

Wer Extrarechnungen für Medikamente, Brillen oder Brücken sammelt und dafür Rezepte hat, kann den Fiskus an seinen Kosten beteiligen. Dazu müssen diese "außergewöhnlichen Belastungen" einen bestimmten Teil des Einkommens übersteigen: von 1 Prozent (Geringverdiener) bis 7 Prozent (Gutverdiener).

Mehr Pflegegeld

Das Pflegegeld steigt um je 10 Euro in der Pflegestufe I auf 225 Euro, Stufe II auf 430 Euro, Stufe II auf 685 Euro. Die Sachleistungen steigen in den drei Pflegestufen auf 440, 1040 und 1510 Euro. Bei der vollstationären Pflege wird die monatliche Leistung in Pflegestufe III von 1470 Euro auf 1510 Euro und in Härtefällen auf 1825 Euro angehoben.

Wechsel der Krankenkasse

2010 wird das Jahr der Zusatzbeiträge. Der Versicherte hat ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Kasse einen monatlichen Extra-Obolus verlangt. Bei einer Kassenfusion sollten sich die Versicherten informieren, ob die bisherigen Zusatzleistungen nach wie vor gelten: zum Beispiel die Erstattung von homöopathischen Behandlungen, Zuschüsse für Kuren und Fitnessangebote.

Rentner und Steuern

Wer 2010 in den Ruhestand geht, muss 60 Prozent seiner Bezüge versteuern. Für Neurentner 2009 waren es 58 Prozent. Der Chef der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, warnt im Abendblatt: "Immer mehr Rentner müssen eine Steuererklärung abgeben." Im Moment sei die Verwirrung groß, weil die Finanzämter die Zahlen bis 2005 rückwirkend kontrollieren. Etwa zwei Millionen Rentner bekommen eine Nachzahlung oder müssen nachzahlen. Wer als alleinstehender Neurentner 16 000 Euro im Jahr erhält, muss 60 Prozent davon versteuern, also 9600 Euro. Das liegt bereits über dem Freibetrag von 8004 Euro (Paare: 16 009 Euro).

Altersvorsorge

Arbeitnehmer und Selbstständige können jetzt 70 Prozent ihrer Beiträge zur Altersvorsorge beim Fiskus geltend machen (bis zu 14 000 bzw. 28 000 Euro für Ehepaare).

Solidaritätszuschlag

Das Bundesverfassungsgericht muss den Soli prüfen. Nach Expertenmeinung wird es den 5,5-Prozent-Aufschlag auf die Einkommenssteuer zwar für vereinbar mit dem Grundgesetz erklären. Aber die Richter dürften die Bundesregierung auffordern, eine Frist zu nennen, wann die Extrasteuer für die Kosten der Wiedervereinigung ausläuft.