Haftbeschwerde erfolgreich. Mittäterschaft am Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback nicht zu beweisen.

Berlin. Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker ist nach vier Monaten Haft wegen einer möglichen aktiven Beteiligung am Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback wieder auf freiem Fuß.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob am Mittwoch den im August ergangenen Haftbefehl gegen die 57-Jährige auf. Damals hatte der dringende Verdacht bestanden, sie sei an dem am 7. April 1977 verübten Karlsruher Attentat auf Buback und seine beiden Begleiter beteiligt gewesen. Zwar geht auch der BGH davon aus, dass Becker "mit großer Wahrscheinlichkeit" Beihilfe zu dem Attentat auf Buback geleistet habe, wie es in dem Beschluss des 3. BGH-Strafsenats heißt (Az: StB 51/09 vom 23. Dezember 2009). Anders als die Bundesanwaltschaft sehen die Richter die 57-Jährige aber nicht als eigentliche Mittäterin. Das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen belege dies nicht, befanden die Richter.

Folge dieser Bewertung ist eine deutlich geringere Strafe, die Becker bei einer Verurteilung erwartet. Daran gemessen ist eine weitere Untersuchungshaft aus Sicht der Richter nicht angemessen, da ein "wesentlicher Fluchtanreiz" fehle. Auch ihre persönlichen Verhältnisse sprächen dagegen, dass sie sich dem Verfahren entzieht. Die 57-Jährige lebe seit fast 20 Jahren im Haus ihrer Schwester in Berlin und habe einen "gefestigten Lebensmittelpunkt" in Deutschland. Zudem habe sie sich bislang den neuen Verfahren freiwillig gestellt.

Damit war die Haftbeschwerde Beckers erfolgreich. Vor dem Ermittlungsrichter war diese noch gescheitert. Becker wurde umgehend aus der Untersuchungshaft in Berlin-Pankow entlassen. Dennoch sieht sich die Bundesanwaltschaft in ihrer Arbeit bestätigt: Der BGH sei von der gleichen Indizienkette ausgegangen, dann aber zu einer anderen rechtlichen Bewertung gekommen, sagte ein Sprecher. Im Frühjahr soll Anklage gegen Becker erhoben werden.

Michael Buback, Sohn des Opfers, zeigte sich gegenüber dem Hamburger Abendblatt erstaunt, "dass jetzt lediglich vom Verdacht der Beihilfe gesprochen wird". Er gehe davon aus, dass es viele Hinweise für eine Mittäterschaft von Becker gebe, sagte er. Buback kritisierte zudem, dass weder er noch die anderen Angehörigen der bei dem Attentat ums Leben Gekommenen vorab informiert worden waren. "Ich weiß deshalb nicht, welche neuen Erkenntnisse die Vernehmungen von Frau Becker, die ja sicher stattgefunden haben, erbracht haben."

Gegen Becker wird seit April 2008 wegen einer möglichen Beteiligung am Buback-Attentat ermittelt. Zwar war sie vergangenes Jahr von dem Verdacht entlastet worden, selbst als Todesschützin auf dem Tatmotorrad gesessen zu haben. DNA-Spuren konnten diesen Vorwurf Michael Bubacks nicht erhärten. Allerdings waren vor einigen Monaten an Bekennerschreiben DNA-Spuren Beckers entdeckt worden. Zudem wurden bei einer Hausdurchsuchung Unterlagen gefunden, in denen sie sich mit ihrer früheren Rolle in der RAF auseinandersetzt. Darunter war auch ein Zettel mit dem Satz: "Natürlich würde ich es heute nicht wieder machen" - versehen mit dem Jahrestag des Buback-Mordes.

Becker war einen Monat nach dem Buback-Attentat festgenommen und wegen einer Schießerei bei der Festnahme verurteilt worden. 1989 wurde sie begnadigt und kam frei. 1995 wurde ihr auch die Reststrafe erlassen. Wegen des Attentats auf Buback wurde Becker bisher nicht angeklagt.